Der Vatikan setzt
sich für weltweite gemeinsame ethische Prinzipien ein. „Auf der Suche nach einer universalen
Ethik: ein neuer Blick auf das Naturrecht“ ist ein an diesem Freitag veröffentlichtes
Dokument der Internationalen Theologenkommission überschrieben. Bislang liegt es in
italienischer und französischer Sprache vor. Alle, die in ethischen Fragen engagiert
seien, sollten sich demnach gemeinsam mit Juristen und Politikern neu auf die Lehre
des Naturrechts besinnen. Das Naturrecht gehe davon aus, dass Personen und Gemeinschaften
im Licht der Vernunft dazu fähig sind, grundlegende Richtlinien für moralisches Handeln
zu erkennen, so die Theologenkommission. Daraus abgeleitete Ge- und Verbote sollten
in ethischer, juristischer und politischer Hinsicht das Leben der Menschen und der
Gesellschaften bestimmen. Sie seien eine „dauerhafte kritische Instanz“ und garantierten
die Menschenwürde gegen aufkommende Ideologien. Die Suche nach gemeinsamen ethischen
Werten sei von neuer Aktualität, heißt es in der Einleitung zu insgesamt 116 Unterpunkten.
Alle Maßnahmen für Gemeinwohl und Menschenwürde könnten mit einem wirksamen ethischen
Grundkonsens gelingen. In der globalisierten Welt hätten die Probleme der Menschen
stets internationales Ausmaß. Das führe zu einer weltweiten Verantwortung. Klimawandel,
Terrorismus, organisierte Kriminalität und Gentechnologie forderten „dringend universale
ethische und politische Überlegungen“. In fünf Kapiteln behandeln die vom Papst
berufenen Theologen unter Leitung des Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal
William Joseph Levada, Übereinstimmungen zwischen christlicher Morallehre und Naturrecht,
soziokulturelle Beziehungen, die Grundlagen des Naturrechts und die Möglichkeiten,
moralische Normen festzusetzen, sowie die ordnende Kraft der Gebote des Naturrechts
in der Politik. Christus wird abschließend als „Vollendung des Naturrechts“ dargestellt.
In Christus erlange es „seinen vollen Sinn innerhalb der Heilsgeschichte“. Keinesfalls
beanspruche das Christentum jedoch ein Monopol in Fragen des Naturrechts, wehrt die
Kommission ab. Auf der Basis der allen Menschen gemeinsamen Vernunft sei es vielmehr
die Grundlage zur Zusammenarbeit „aller Menschen guten Willens, über ihre religiösen
Überzeugungen hinweg“. Die Universale Erklärung der Menschenrechte würdigen die
Theologen als einen „der schönsten Erfolge der modernen Geschichte“. Doch losgelöst
von grundlegenden moralischen Sinn, der Einzelinteressen übersteigt, stärkten juridische
Reglementierungen letztlich nur die Interessen der Stärkeren. Das Dokument geht auf
die antike griechisch-römische Kultur ein, zitiert die Heiligen Schriften der Weltreligionen
sowie Philosophen und Kirchenväter. Neben Aussagen Benedikts XVI. oder Paul VI. finden
sich Worte von Romano Guardini und Thomas Hobbes, von Augustinus und Thomas von Aquin,
Bibelverse und Koransuren, Kapitel aus Seneca und Cicero.