Die jüngste Priesterweihe
der traditionalistischen Piusbruderschaft ist offenbar ohne Zustimmung des Vatikan
erfolgt. Für die in Frankreich vollzogene und die noch geplanten Weihehandlungen im
Gebiet des Bistums Regensburg gebe es keinerlei Sondererlaubnis, berichtet die Katholische
Nachrichtenagentur (KNA) unter Berufung auf Kurienkreise. Offiziell wolle der Vatikan
keine Stellungnahme abgeben, so die KNA weiter. Kurienmitarbeiter verwiesen den Angaben
zufolge jedoch darauf, der Heilige Stuhl habe die traditionalistische Gemeinschaft
ausdrücklich gebeten, von weiteren Weihen abzusehen. Die Bischöfe der Piusbruderschaft
hätten kein Recht, ihre Weihevollmacht auszuüben. Die Bruderschaft selbst sieht die
umstrittenen Weihen nach eigenen Angaben nicht als Provokation. Sie seien vielmehr
die „Fortsetzung ihrer Tätigkeit für das Heil der Seelen innerhalb der katholischen
Kirche“, sagte der Sprecher des deutschen Distrikts der Bruderschaft, Andreas Steiner. Der
Obere der vom Vatikan nicht anerkannten Gruppierung, Bischof Bernard Fellay - einer
der vier Traditionalisten-Bischöfe, deren Exkommunikation Papst Benedikt XVI. Ende
Januar aufhob - hatte trotz des ungeklärten kirchenrechtlichen Status der Gemeinschaft
am 3. Mai in einem Kloster der Bruderschaft in Frankreich einen jungen Schweizer zum
Priester geweiht. Der örtliche Erzbischof Hippolyte Simon von Clermont war nach eigener
Aussage über die Weihe nicht informiert. Der Ankündigung, es solle ein Dialog mit
der Bruderschaft begonnen werden, seien vom Vatikan aus keine weiteren Informationen
mehr gefolgt, so Simon. „Wir befinden uns in einer Grauzone“, beklagte der Erzbischof,
der auch Vizepräsident der Französischen Bischofskonferenz ist. Für den 27. Juni
plant die Piusbruderschaft im bayerischen Zaitzkofen gegen den erklärten Willen des
zuständigen Ortsbischofs Gerhard Ludwig Müller weitere Weihen. Wie die Bruderschaft
erklärte, war der Pius-Obere vergangenen Freitag zu Gesprächen in der römischen Glaubenskongregation.
Der Vatikan äußerte sich bislang weder zum Besuch noch zum Inhalt der Unterredungen.
Nach Informationen der Katholischen Nachrichtenagentur soll die Initiative von Fellay
ausgegangen sein. Es habe sich um eine Art Höflichkeitsbesuch gehandelt - vor dem
Hintergrund, dass die Verhandlungen mit der von Rom getrennten Bruderschaft künftig
bei der Glaubenskongregation angesiedelt sein sollen. Bislang war das Referat „Ecclesia
Dei“ zuständig. An ihrer Grundsatzkritik an den Lehraussagen des Zweiten Vatikanischen
Konzils hält die Piusbruderschaft indes fest. Texte wie jene zur Religionsfreiheit
besäßen nicht höchsten lehramtlichen Stellenwert und dürften daher kritisch in Frage
gestellt werden, sagte der Dialogbeauftragte des deutschen Distrikts der Bruderschaft,
Pater Matthias Gaudron, am Dienstagabend in Freiburg. Die Öffnung der katholischen
Kirche zur Moderne nach dem Konzil (1962-1965) bezeichnete er als Ursache für den
Rückgang der Katholikenzahlen in Deutschland. (dr/kna/pm 10.06.2009 bp)