Die deutschen Bischöfe
haben sich bereits mehrmals deutlich von der traditionalistischen Pius-Bruderschaft
distanziert. So auch in einer gemeinsamen Erklärung zum Abschluss ihrer Vollversammlung
im März in Hamburg. Ein Archivbericht von Birgit Pottler:
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende
stellte die erst am letzten Versammlungstag ausformulierte und verabschiedete Erklärung
der deutschen Oberhirten der Presse vor. „Ich darf ihnen sagen, wir haben sie einstimmig
verabschiedet“, betonte Robert Zollitsch ausdrücklich.
Die Querelen um
die Pius-Brüder waren ein zentraler Tagesordnungspunkt in den Debatten in Hamburg.
Hinter verschlossenen Türen hatten die Bischöfe lange um Inhalte und Form der Erklärung
gerungen. Wie sie jetzt weiter verteilt und veröffentlicht wird, entscheidet jeder
Bischof für sein Bistum. Unmissverständlich halten die Oberhirten fest: „Wir
müssen feststellen, dass die Priesterbruderschaft Pius X. sich von sich aus von der
katholischen Kirche abgespalten hat. Es liegt nun an der Bruderschaft, das Schisma
zu überwinden und durch einen Prozess der Wiedereingliederung die Einheit mit dem
Papst und der katholischen Kirche wieder herzustellen.“
Die nach der Aufhebung
der Exkommunikation seitens der Piusbrüder angekündigten Weihen bezeichnete Zollitsch
als eine Art „Kampfansage“ an die Kirche und einen Verstoß gegen die kirchliche Ordnung.
Den Vatikan bitten die Bischöfe um eine „baldige Klärung“ der rechtlichen Konsequenzen.
Sollte die Piusbruderschaft ihr Verhalten nicht ändern, sei eine erneute Exkommunikation
für ihn die „innere Konsequenz“, meint Zollitsch. In die gemeinsame Erklärung des
Episkopats ist diese Position aber nicht eingeflossen. „Ich möchte dem Heiligen
Stuhl aber jetzt nicht verschiedene Stufen vorschreiben, in welcher Weise die Verantwortlichen
dort vorangehen sollen.“ Hoffung auf – die vom Papst angestoßene – baldige
Einheit haben die Bischöfe kaum: „Nach den bisherigen Äußerungen von Vertretern
der Piusbruderschaft sehen wir die Chancen gering, dass es zu einer gemeinsamen Basis
kommen kann. Wenn gar erklärt wird, Papst Benedikt selbst habe häretische Äußerungen
getan, oder dass das Konzil der große Sündenfall der katholischen Kirche sei… An solchen
pointierten schlagwortartigen Äußerungen merken sie schon, wie weit wir tatsächlich
auseinander liegen.“
Offene Kritik übt der deutsche
Episkopat an einzelnen Vatikanstellen. Was bislang verschiedene Bischöfe singulär
betonten, bekräftigt jetzt die gemeinsame Erklärung. Ihr Vorsitzender ergänzt: „Wir
haben ja erlebt, dass offensichtlich Kardinal Hoyos weder den Papst noch den Präfekten
der Bischofskongregation über diese Personen informiert hat, deren Exkommunikation
aufgehoben werden soll. Konkret gilt das für Richard Williamson und seine Äußerungen.
Wir haben außerdem erlebt, dass wir selbst, auch als Bischofskonferenz, erst am Samstag,
an dem die Aufhebung der Exkommunikation verkündet wurde, um halb elf davon erfahren
haben. Man muss also sagen, dass innerhalb der Kurie Informationsmängel bestehen.
Man hat tatsächlich nicht genug bedacht, bei solch einem wichtigen Schritt die Bischöfe
vorher zu informieren oder sogar zu konsultieren. Das hängt für mich nicht an der
Person des Papstes; dafür sind Personen innerhalb der Kurie verantwortlich und zuständig.“
Bei
seinem Besuch in Rom nächste Woche wolle er mit den Zuständigen diese Frage erläutern
und nicht alles auf den Papst konzentrieren. „Wir werden uns sicher über die
Situation in Deutschland austauschen und wie die Vorgänge aufgenommen wurden. Ich
werde den Wunsch vortragen, dass wir vor solch wichtigen Entscheidungen rechtzeitig
vorher informiert werden können, damit es durch die Kommunikation zwischen Rom und
uns leichter ist, zu informieren und leichter ist, etwas zu sagen.“
Die
Debatte um die – so wörtlich – bornierten Aussagen von Richard Williamson, habe gezeigt,
wie sensibel das Verhältnis zwischen Katholischer Kirche und den Juden sei. Für die
deutschen Bischöfe sie klar: Hinter das Erreichte im Dialog gebe es kein Zurück.
Nicht
unerwähnt lassen die Bischöfe kritische Äußerungen in der Debatte auch aus innerkirchlichen
Kreisen. Zollitsch: „Wir haben feststellen müssen, dass es in den vielen Äußerungen
manchmal durchaus – ich möchte fast sagen – zu verzerrten und polemischen Aussagen
kam. Vor allem weisen wir den Versuch zurück, das Ansehen und die Integrität des Papstes
in Zweifel zu ziehen.“
Die Bewegung „Wir sind Kirche“ hatte parallel zur
Vollversammlungen Diskussionsforen veranstaltet und ihre Petition „für die uneingeschränkte
Anerkennung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils“ mit einem Zwischenstand
von 36.300 Unterschriften an den Sekretär der Bischofskonferenz übergeben. Jesuitenpater
Hans Langendörfer machte bei dem Fototermin deutlich, dass die Inhalte der Petition
zu den Auffassungen der Bischofskonferenz teilweise in sehr großem Widerspruch stehen. „In
der Petition, die hier anzunehmen für uns auch eine Frage des guten Umgangs miteinander
gewesen ist, wird suggeriert, dass das Pontifikat von Benedikt XVI. in die völlig
falsche Richtung weist. Eine solche Bewertung steht in völligem – nicht nur in weitgehendem
– Gegensatz zu dem, was in der Bischofskonferenz empfunden wird und wie sie den Papst
und sein Pontifikat sieht. Das ist nicht ein Pontifikat des rückwärts orientierten
Gehens in vergangene Zeiten. Wer so resümiert, steht nicht in einer Linie mit dem,
was die Bischofskonferenz empfindet.
„Wir haben feststellen müssen,
dass es in diesem Zusammenhang auch Unsicherheit über den Weg der Kirche bei uns in
Deutschland gibt“, ergänzt Zollitsch. Doch die Bischöfe sehen den Konflikt auch
als Chance, das Zweite Vatikanische Konzil und seine Dynamik neu ins Bewusstsein der
Katholiken zu bringen. „Denn die entscheidende Sorge für uns ist die Stärkung und
Erneuerung des kirchlichen Lebens und seine Bezeugung hier in Deutschland. Wir hoffen,
dass es jetzt auch zu einem entsprechenden Neuanfang kommt.“