EU: „Keine Partei hat Monopol beim Dialog mit Kirchen“
Im EU-Parlament wird
in den kommenden fünf Jahren ein anderer Wind wehen. Das gilt auch für die europäischen
Kirchen. Die Europäische Volkspartei, die vom christlichen Gedankengut geprägt ist,
wird im neuen Parlament in Brüssel die stärkste Gruppierung sein. Die Sozialdemokraten
mussten in den meisten EU-Ländern deutliche Verluste hinnehmen. Die Zusammenarbeit
der katholischen Kirche mit dem EU-Parlament soll auch unter den neuen Umständen wie
bisher fortgeführt werden. Das sagt uns der juristische Berater der Kommission der
Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (Comece), Thomas Pickartz. Die Kommission
vertritt alle EU-Bischöfe bei den europäischen Institutionen in Brüssel.
„Seit
vielen Jahren gibt es einen offenen und regelmäßigen Dialog zwischen den europäischen
Kirchen und den EU-Institutionen. Im Rahmen dieses Dialogs, der im Lissaboner Vertrag
sogar als EU-Recht festgeschrieben werden soll, versuchen wir gute Beziehungen zu
allen politischen Parteien aufzubauen. Doch es gibt keine Partei, die das Monopol
für den Dialog mit den Kirchen für sich beanspruchen kann. Nach diesen Wahlen sind
wir aber guten Mutes, dass die Stimme der Kirchen im EU-Parlament weiterhin beachtet
wird.“
Negativ fiel auf, wie niedrig die Wahlbeteiligung war. Sie sinkt
seit 1979, als das Europaparlament erstmals direkt gewählt wurde. Laut Hochrechnungen
tendiert die diesjährige Beteiligung gegen 43 Prozent. Das bedeutet, dass etwa zwei
Drittel aller Wahlbeteiligten den Urnen fern blieben. Dazu Thomas Pickartz:
„Es
gibt ein großes Bedürfnis, dass die europäischen Institutionen besser über ihre Arbeit
kommunizieren sollten. Auch müssen die Medien mehr über die EU berichten. Die EU-Bischöfe
denken, dass es eine christliche Pflicht ist, Europa gegenüber nicht gleichgültig
zu sein. Die Gründerväter der Europäischen Union waren inspiriert von ihren christlichen
Glauben. Ich denke dabei an Robert Schumann, Konrad Adenauer, Alcide De Gasperi. Sie
haben Europa als großes Friedens- und Versöhnungsprojekt entworfen. Deshalb lädt die
Comece alle Christen ein, am Haus Europa weiterzubauen und dem europäischen Projekt
gegenüber nicht gleichgültig zu sein.“
Das Europaparlament wird immer mächtiger
und fristet dennoch ein Schattendasein. Thomas Pickartz erinnert allerdings daran,
„...dass
es immer mehr Politikfelder gibt, in denen es notwendig ist, dass Europa mit einer
Sprache spricht. Ich denke dabei an den Kampf gegen den Klimawandel - das kann auf
nationaler Ebene allein nicht geleistet werden. Das muss auf europäischer oder sogar
auf internationaler Ebene angegangenen werden. Auch die Energieversorung Europas oder
die Achtung der Menschenrechte sind Themen, bei denen Europa gegenüber anderen Staaten
mit einer einheitlichen Stimme sprechen sollte. Denn die Bedeutung Europas wird immer
größer. Deswegen sollte auch das Interesse der Bürger an Europa nicht erlahmen. Nun
müssen wir uns alle die Frage stellen, wie wir es schaffen können, im Bewusstsein
der EU-Bürger der Europäischen Union den Platz zu geben, den sie eigentlich verdient.“