2009-06-05 14:08:54

China: 20 Jahre Tiananmen


RealAudioMP3 Eine Bilanz oder eine Statistik gibt es nicht. Was bleibt, ist die Erinnerung. Als am 4. Juni 1989 die Studenten- und Arbeiterproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking gewaltsam niedergeschlagen wurden, starben laut Menschenrechtsorganisationen bis zu tausend Menschen; offizielle Zahlen wurden jedoch nie bekannt gegeben. Amnesty International fordert zum 20. Jahrestag erneut Aufklärung, die USA rufen China nachdrücklich auf, alle in Zusammenhang mit den Protesten Inhaftierten freizulassen und mit den Familien der Opfer in einen Dialog zu treten. Die Regierung in Peking weist solche Ansinnen als „schwerwiegende Einmischung in innerpolitische Angelegenheiten“ zurück und versuchte Gedenkveranstaltungen rund um den Tiananmen-Jahrestag zu unterbinden. Allein in Hongkong gedachten am Donnerstag Abend mehr als 150.000 Menschen (nach Angaben der Veranstalter; die Polizei spricht von nur 63.000 Teilnehmern) mit Kerzen in den Händen des Massakers.

Der langjährige Hongkong-Missionar Pater Angelo Lazzarotto berichtet gegenüber Radio Vatikan:

„Diese Protestbewegung vor 20 Jahren war keine Revolte gegen die Regierung, war nicht der Versuch, die Autoritäten zu stürzen. Es waren nicht nur Studenten, sondern auch viele Parteimitglieder und Angestellte der Universität, der Betriebe und sogar der offiziellen Tageszeitung. Es war ein Protest gegen die Ungerechtigkeiten, gegen die vielen Korruptionsfälle, gegen die schlechte Regierungsführung. Die Menschen verlangten schlicht mehr Transparenz, mehr Sauberkeit.“

Trotz zahlreicher Veränderungen in der Volksrepublik - im wesentlichen habe sich die Lage nicht verändert, beklagt der Missionar. Die Korruption halte die chinesische Gesellschaft noch immer im Würgegriff:

„Die Regierung hat das Wirtschafswachstum vorangetrieben, ohne den Aspekt der Freiheit und der wahren Gleichheit zu berücksichtigen. Die Rechte der an den Rand Gedrängten wurden missachtet. Außerdem setzt die Regierung weiterhin auf Nationalismus. Die Olympischen Spiele haben uns das ja gezeigt. Die kommunistische Regierung hat schon nach dem Niederschlagen von Tiananmen dieses Programm verfolgt: Sie setzt auf Nationalismus, wirtschaftliches Wachstum und versucht soweit als möglich gegnerische Stimmen, die den Eindruck erwecken könnten, dass es auch Negatives zu berichten gibt, zu blockieren.“

20 Jahre nach dem Massaker sei die Stimmung unter den jungen Chinesen allerdings anders. Wer nach 1989 aufgewachsen sei, dränge nicht mehr mit den Bedürfnissen der Protestierer von Tiananmen auf die Straße, stellt Pater Lazzarotto fest:

„Ihr Ideal ist heute wirtschaftlicher Reichtum: Für den größten Teil der jungen Menschen ist der Jahrestag nicht so wichtig. Doch es gibt jetzt ein neues Phänomen: Es gibt zahlreiche Intellektuelle, Anwälte oder Dissidenten, die gegen diese Ungerechtigkeiten die Stimme erheben und eine Demokratisierung des Landes fordern. Viele von ihnen wurden jedoch verhaftet - im Namen des Nationalismus.“

(rv/asianews 05.06.2009 bp)








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