2009-06-01 15:37:27

Pakistan: „Nicht nur die Taliban sind die Bösen"


RealAudioMP3 Rund eine halbe Million Menschen sind in den letzten Tagen und Wochen aus dem Distrikt Swat und angrenzenden Gebieten vor den Kämpfen zwischen Taliban und der pakistanischen Armee geflohen. Die Bischöfe des Landes sind besorgt. Katholische Hilfswerke versuchen derweil den Flüchtlingen beizustehen. Das sei aber nicht einfach, denn die Flüchtlinge seien zum Spielball der Konfliktparteien geworden. Die Situation sei aus dem Ruder geraten, sagt die Pakistan-Fachfrau Mariam Abou Zahab. Sie arbeitet bei einem katholischen Friedenszentrum in Paris. Man solle aber aufpassen, dass man bei den Kämpfen nicht in Gute und Böse teile.

„Nicht nur die Taliban sind nämlich die Bösen. Denn die Angriffe der pakistanischen Armee trifft vor allem die Zivilbevölkerung. Mindestens 100.000 Menschen sind auf der Flucht. Das schlimme ist, dass in Pakistan im Augenblick Erntezeit ist. Es gehen also sehr viele Rohstoffe und Nahrungsmittel verloren. Auch sieht man auf den Strassen viele Behinderte. Kranke Menschen liegen am Straßenrand. Die Katastrophe kann durchaus verheerender werden.“

Die Kämpfe in der Swat-Region fänden nicht nur zwischen Taliban und der Armee statt, so die Pakistan-Expertin.

„Die Auseinandersetzungen im Distrikt Swat betreffen vor allem die sozialen Unterschiede innerhalb der dortigen Bevölkerung. Seit 1969 herrscht dort ein Konflikt zwischen verschiedenen Clans, die sich um den Bodenbesitz streiten. Es handelt sich um bäuerliche Familien, die von Großgrundbesitzern bedroht werden. Die Taliban nützen diesen Konflikt aus und gelten bei den Bauern als Befreier.“

Die katholische Kirche mische sich in dieser Auseinandersetzung nicht ein, so Abou Zahab. Vielmehr trotzen die Bischöfe Pakistans und die kirchlichen Hilfswerke dem Druck der Taliban. Die radikalislamische Gruppe wirft den Christen und Hindus im Land vor, Landesverräter zu sein.

„Und all das wird mit anderen Vorwürfen vermischt. Doch schlussendlich geht es um einen Krieg zwischen Arme und Reiche. Aber wenn man die wirtschaftliche Lage Pakistans unter Augen nimmt, so sieht man ein Land, das faktisch bankrott ist. Es gibt viele Arbeitslose und es fehlen jegliche Infrastrukturen. Viele haben auch keinen Zugang zum Wasser. All das ist eine gefährliche Zeitbombe, die einmal explodieren könnte.“

Von den 156 Millionen Einwohnern Pakistans sind 95 Prozent Muslime, drei Prozent Christen und 1,8 Prozent Hindus.

(rv 01.06.2009 mg)







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