Rund eine halbe Million
Menschen sind in den letzten Tagen und Wochen aus dem Distrikt Swat und angrenzenden
Gebieten vor den Kämpfen zwischen Taliban und der pakistanischen Armee geflohen. Die
Bischöfe des Landes sind besorgt. Katholische Hilfswerke versuchen derweil den Flüchtlingen
beizustehen. Das sei aber nicht einfach, denn die Flüchtlinge seien zum Spielball
der Konfliktparteien geworden. Die Situation sei aus dem Ruder geraten, sagt die Pakistan-Fachfrau
Mariam Abou Zahab. Sie arbeitet bei einem katholischen Friedenszentrum in Paris. Man
solle aber aufpassen, dass man bei den Kämpfen nicht in Gute und Böse teile.
„Nicht
nur die Taliban sind nämlich die Bösen. Denn die Angriffe der pakistanischen Armee
trifft vor allem die Zivilbevölkerung. Mindestens 100.000 Menschen sind auf der Flucht.
Das schlimme ist, dass in Pakistan im Augenblick Erntezeit ist. Es gehen also sehr
viele Rohstoffe und Nahrungsmittel verloren. Auch sieht man auf den Strassen viele
Behinderte. Kranke Menschen liegen am Straßenrand. Die Katastrophe kann durchaus verheerender
werden.“
Die Kämpfe in der Swat-Region fänden nicht nur zwischen Taliban
und der Armee statt, so die Pakistan-Expertin.
„Die Auseinandersetzungen
im Distrikt Swat betreffen vor allem die sozialen Unterschiede innerhalb der dortigen
Bevölkerung. Seit 1969 herrscht dort ein Konflikt zwischen verschiedenen Clans, die
sich um den Bodenbesitz streiten. Es handelt sich um bäuerliche Familien, die von
Großgrundbesitzern bedroht werden. Die Taliban nützen diesen Konflikt aus und gelten
bei den Bauern als Befreier.“
Die katholische Kirche mische sich in dieser
Auseinandersetzung nicht ein, so Abou Zahab. Vielmehr trotzen die Bischöfe Pakistans
und die kirchlichen Hilfswerke dem Druck der Taliban. Die radikalislamische Gruppe
wirft den Christen und Hindus im Land vor, Landesverräter zu sein.
„Und
all das wird mit anderen Vorwürfen vermischt. Doch schlussendlich geht es um einen
Krieg zwischen Arme und Reiche. Aber wenn man die wirtschaftliche Lage Pakistans unter
Augen nimmt, so sieht man ein Land, das faktisch bankrott ist. Es gibt viele Arbeitslose
und es fehlen jegliche Infrastrukturen. Viele haben auch keinen Zugang zum Wasser.
All das ist eine gefährliche Zeitbombe, die einmal explodieren könnte.“
Von
den 156 Millionen Einwohnern Pakistans sind 95 Prozent Muslime, drei Prozent Christen
und 1,8 Prozent Hindus.