D: „Wirtschaftskrise ist auch eine der Menschenrechte“
Die globale Wirtschaftskrise ist auch eine Menschenrechtskrise, die sich weiter verschärft.
Sie könnte bis zu 90 Millionen Menschen in Armut stürzen. Darauf hat Amnesty International
jetzt hingewiesen. Die Menschenrechtsorganisation stellte ihren Jahresbericht vor;
für die deutsche Presse geschah das in Berlin. Mit der Rezession verschärfe sich die
Repression, und daher könnten Unruhen und politische Gewalt zunehmen, vor allem in
Afrika, warnt Amnesty. Der größte Teil der Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die
im Jahresbericht aufgeführt werden, sei arm, „und das ist kein Zufall“. Das sagte
Nicolas Beger, Direktor des EU-Büros von Amnesty. Noch viel zu wenig Regierende dieser
Welt hätten „begriffen, dass Armut oft die Folge von Menschenrechtsverletzungen ist
und für Menschenrechtsverletzungen besonders verwundbar macht“. Armut werde auf Dauer
nur zu vermindern sein, wenn die Menschenrechte der Armen respektiert, geschützt und
gewährleistet würden. Die Staaten sollten daher „mindestens genauso in Menschenrechte
investieren wie in Wirtschaftswachstum“, forderte Beger.
Im Berichtsjahr 2008
beobachtete Amnesty International, dass in 81 von 157 Ländern die Meinungsfreiheit
verletzt wurde. In 50 Ländern saßen Menschen allein wegen ihrer politischen oder religiösen
Überzeugung hinter Gittern. 27 Länder schoben Menschen auch dann ab, wenn ihnen in
ihrem Heimatland Folter, Verfolgung oder die Todesstrafe drohten. In 24 Ländern sind
Menschen gewaltsam aus ihren Wohnungen vertrieben worden.
Schaut man auf die
19 Staaten der G-20 (ohne die EU als 20. Mitglied, aber mit den EU-Staaten Deutschland,
Großbritannien, Frankreich und Italien), dann zeigt sich laut Amnesty, „dass in diesem
Verbund, der als Krisenretter gehandelt wird, die Menschenrechte überdurchschnittlich
verletzt werden: 78 Prozent aller Hinrichtungen weltweit werden in den G-20-Ländern
durchgeführt“. Was die EU-Staaten (ohne Luxemburg) betreffe, so komme es in zwölf
Staaten zu Folter und Misshandlung, in zehn sei missbräuchliche Polizeigewalt zu verzeichnen,
19 EU-Staaten gingen nicht menschenrechtskonform mit Asylsuchenden und Flüchtlingen
um, zwölf missachteten Menschenrechte im Antiterrorkampf „in Gesetzgebung und Praxis“.
In zwölf EU-Ländern würden Minderheiten massiv diskriminiert, und sechs verletzten
die Meinungsfreiheit. Eines der drängendesten Probleme in der EU seien massive
Angriffe auf Roma in mehreren Mitgliedsstaaten: „Roma müssen vielfach in Ghettos leben.
Ihr Zugang zu Bildung, Wohnraum, Arbeit und Gesundheitswesen ist derart eingeschränkt,
dass dies zuweilen Züge einer Apartheid annimmt“, sagte Beger.