Kongo: Kirche setzt Hoffnungszeichen im Bürgerkrieg
Seit über zehn Jahren tobt im Osten der Demokratischen Republik Kongo ein erbarmungsloser
Bürgerkrieg. Ursachen sind Machtkämpfe um Bodenschätze, soziale und ethnische Konflikte.
In den vergangenen Monaten sind deswegen wieder hunderttausende Menschen auf der Flucht.
Kirche und Missionswerke helfen ihnen, ihre Kriegstraumata und Entbehrungen zu bewältigen.
Antje Dechert hat mit dem Missio-Länderreferenten Mathias Vogt gesprochen. Er war
vor wenigen Wochen auf Einladung der kongolesischen Bischofskonferenz in der Krisenregion
unterwegs.
Traumhaft schön ist die Region um den Kivusee im Osten Kongos. „Wenn
dort Frieden wäre“, sagt uns der Missio-Länderreferent Mathias Vogt, „wäre es auch
für den Tourismus eine tolle Region“:
„Man hat im Hintergrund immer den
See und die sieben Vulkane um die Stadt Goma herum. Das ist ganz beeindruckend. Wir
sind selbst vier Stunden immer am Fuß des Vulkans Mikeno entlang in die Dörfer der
Katechisten gelaufen. Die Landschaft ist sehr grün. Aufgrund der fruchtbaren Vulkanerde
gibt es viele Bananenstauden, viele Felder, wo Bohnen, Getreide, Reis und anderes
Gemüse angebaut wird. Es ist also eine sehr schöne Gegend und man kann sich gar nicht
vorstellen, dass um einen herum Krieg ist.“ Von paradiesischem Idyll kann
jedoch keine Rede sein. Der Landstrich um die ostkongolesische Provinzhauptstadt Goma
im Grenzgebiet zu Uganda und Ruanda ist einer der heißesten Konfliktherde Afrikas,
und zwar seit Jahrzehnten. Das sei überall zu spüren, berichtet Matthias Vogt:
„Es
ist alles voll mit Militärs in unterschiedlichen Uniformen, teilweise Uniformen der
staatlichen Armee, Uniformen der unterschiedlichen Rebellengruppen, es sind erwachsene
Soldaten dabei, es sind sehr junge Soldaten dabei, also wir haben Jungen zwischen
13 und 15 Jahren in Uniform und Waffen gesehen. Man wird zwar in Ruhe gelassen, man
hat aber immer ein mulmiges Gefühl, wenn man diese Leute trifft. Man weiß nie, wie
es weiter geht.“ Die tropisch bewachsenen Hügel der acht Virunga-Vulkane um
Goma sind reich an Bodenschätzen. Erze wie Coltan sind auf den Weltmärkten heiß begehrt,
bei der Herstellung von Handys und Computern ist dieser Rohstoff unabdingbar. Verschiedene
Rebellengruppen, unter anderem aus dem benachbarten Ruanda, kämpfen seit Jahren mit
der kongolesischen Armee um den Zugang zu den Bodenschätzen und schüren dabei auch
ethnische Konflikte. Zwischen den Fronten leidet die Zivilbevölkerung, sagt Missio-Referent
Vogt. Vergewaltigungen und Plünderungen stünden an der Tagesordnung.
„Die
Menschen sind von der politischen und militärischen Lage natürlich zunächst völlig
verzweifelt. Sie wissen weder ein noch aus, sie wissen teilweise nicht, wie sie die
nächsten Tage überleben sollen, haben kaum genug zu Essen.“ Von staatlicher
Seite kommt kaum Hilfe für die Menschen im Kongo. Diese Lücke versucht die Kirche
zu schließen. Sie unterhält Flüchtlingslager, Krankenhäuser, Schulen und die Sozialfürsorge.
Hilfsorganisationen wie Missio oder der Jesuitenflüchtlingsdienst helfen den Menschen
beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Gemeinden. Doch es fehle an gut ausgebildetem Personal,
so Vogt: „Wir haben mit Frauen gesprochen, die teilweise mehrfach von Milizionären
vergewaltigt worden sind und jetzt professionelle, psychotherapeutische Betreuung
benötigen. Es gibt verschiedene Ordensschwestern, die eine Ausbildung dafür haben,
leider viel zu wenig. Tausende von Frauen sind betroffen. Man muss immer wieder schauen,
dass man genügend Menschen ausbildet, die dann auch qualifiziert arbeiten können.
Denn Trauma-Arbeit mit Frauen kann man nicht mit angelernten Kräften machen. Dasselbe
gilt für die Leitung großer kirchlicher Strukturen: Dazu braucht es Verwaltungserfahrung.
Hier müsste man mehr tun zur Ausbildung von kirchlichem Personal.“ Bei seiner
Reise sei er aber auch Menschen begegnet, die trotz Gewalt und Elend wieder neue Hoffnung
schöpften. Eine wichtige Rolle spiele dabei ihr Glaube, meint Vogt: „Ich bin
da persönlich auch immer sehr beeindruckt, von diesem Glauben. Wir haben Gottesdienst
gefeiert im Flüchtlingslager mit Taufen und Hochzeiten. Sieben Paare wurden auf einmal
getraut, in dieser Elendssituation. In einem anderen Flüchtlingslager haben die Jugendlichen
den Pater vom Jesuit-Refugee-Service gebeten, zu Beginn der Fastenzeit doch mit ihnen
den Kreuzweg zu feiern. Ihr Glaube ist eigentlich so ein Strohhalm, an dem sie sich
festhalten, aber keiner, der leicht knickt – es ist doch eine ganz große Hoffnung
für die Menschen.“ Ein Zeichen der Hoffnung ist auch das Schicksal des Katechisten
Corneille Sebikwanjama. Seit 1969 war er in der Pfarrei Rugari bei Goma tätig. Vor
zwei Jahren dann, kam die Vertreibung. Doch jetzt konnte der 63-jährige wieder in
sein Heimatdorf zurückkehren, berichtet Vogt:
„Wir haben die Baustelle seines
Hauses besucht. Man muss von der Kirche aus noch drei Stunden zu Fuß gehen. Es gibt
also nur Trampelpfade. Man kann weder mit dem Auto noch mit dem Motorrad dahin gelangen,
und wir haben ihn und seine Frau auf der Baustelle ihres Hauses gesehen. Das sind
ganz einfache Hütten aus Bambusstämmen, um die Flechtwerk gebunden wird als Wand,
und das wird dann mit Lehm verkleidet und das Dach wird normalerweise mit Palmzweigen
gedeckt…“
Ein bescheidener Anfang, doch dass Kirchen überhaupt wieder aufgebaut
werden im Ostkongo, dass Katecheten, Gemeindepriester und Ordensschwestern zurückkommen
in ihre Dörfer, ist ein Hoffnungszeichen für alle Menschen in der Region, sagt Matthias
Vogt,… „…weil das für sie auch so eine Art Sicherheitsgarantie ist.“ (rv
25.05.2009 ad)