Indien: „Größte Demokratie – und sie funktioniert!“
Fast einen Monat haben die Wahlen in Indien gedauert – aber die Mühe hat sich gelohnt.
Diesen Eindruck bekommt man, wenn man Kirchenleute über das Ergebnis sprechen hört.
Klar gesiegt hat die moderate Kongress-Partei, klar verloren die Hindu-Nationalisten
aus dem Umfeld der BJP-Partei. Die Frage ist, ob sich das jetzt ummünzen lässt in
mehr Rechte und mehr Schutz für Minderheiten. Gerade Christen waren im letzten Jahr
in einigen Bundesstaaten Indiens (vor allem Orissa) einer richtiggehenden Verfolgung
durch militante Hindus ausgesetzt. Betroffen waren meist indische Ureinwohner – Kastenlose,
die sich zum Christentum bekennen. Einer von ihnen ist Telesphor Placidus Toppo, Kardinal-Erzbischof
von Ranchi:
„Ich habe immer schon gedacht, dass das indische Volk einen
großen Sinn für Demokratie hat. Wir können den Indern vertrauen – es ist die größte
Demokratie der Welt, und sie funktioniert! Wir haben Reiche und Arme, Gebildete und
Analphabeten – aber die Demokratie funktioniert. Auch diesmal hat die Vernunft gesiegt.“
Dabei
hatten die Meinungsforscher einen so klaren Sieg der regierenden Kongress-Partei durchaus
nicht vorausgesehen. „Ja – die Kongress-Partei wurde von ihrem Sieg selbst überrascht.
Sie braucht jetzt keine Koalitionspartner, um eine Regierung zu bilden – das kann
sie alleine tun.“ Zu den Herausforderungen, die sich der nächsten Regierung
stellen, gehört es, die Religionsfreiheit zu verteidigen: „Ja, das ist wichtig
für uns. Zur Lage in Orissa hatte Premierminister Manmohan Singh gesagt: Diese Gewalt,
die fundamentalistische Gruppen letztes Jahr in Orissa verübt haben, ist eine nationale
Schande! Die Lage der damals Verfolgten ist auch heute noch nicht zufrieden stellend.
Allerdings hat mittlerweile auch der Premierminister von Orissa, Naveen Patnaik, die
nationalistische Hindu-Partei BJP verlassen – das ist ein gutes Zeichen. Die Lage
bessert sich allmählich. Mal sehen, was die nächste Regierung in dieser Hinsicht tun
wird! Man muss den Christen die Rückkehr in ihre Häuser möglich machen – wenn sie
das in Orissa nicht dürfen, dann bleibt das Problem bestehen.“ Frage an Kardinal
Toppo: Sie selbst sind ein so genannter Dalit, ein Kastenloser. Was bedeutet der Wahlausgang
in dieser Hinsicht? „Bei diesem Thema gibt es wichtige Schritte nach vorne zu
verzeichnen: Politisch erheben die Dalit ihr Haupt. Viele Minister und auch Parlamentsabgeordnete
sind Dalit!“ (rv 20.05.2009 sk)