Umweltschützer hatten keine Freude damit: Die päpstliche Akademie der Wissenschaften
beschäftigte sich in ihrer eben zu ende gegangenen Vollversammlung mit grüner Gentechnik.
Die Frage, die der Heilige Stuhl prüfen will, lautet: Kann der Anbau genetisch modifizierter
Pflanzen das Problem des Hungers auf der Welt eindämmen?
Die Päpstliche Akademie
der Wissenschaften ist ein Forum ohne Scheuklappen. Obwohl „päpstlich“ sozusagen drauf
steht, sind nicht nur Katholiken drin, sondern auch Andersgläubige oder Agnostiker.
Was zählt, ist die wissenschaftliche Qualifikation – die meisten der ernannten Mitglieder
können einen Nobelpreis vorweisen. So auch der Schweizer Mikrobiologe Werner Arber,
Vorstandsmitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Er rückt zunächst einmal
den Vorwurf zurecht, der Vatikan habe zu dieser Sitzung ausschließlich Befürworter
der grünen Gentechnik eingeladen und auf Kritiker verzichtet. Wahr ist, so Arber,
dass die Akademie…
„vornehmlich Leute eingeladen hat, die eher in privaten
Institutionen und Universitäten als bei großen Firmen arbeiten. Man kann nicht alle
gleichstellen, aber es geht uns darum, einmal zu sehen, was das Potential ist, ob
und was für Risiken zu erwarten sind, und wie man diese Risiken behandeln soll.“
In
den Lebenswissenschaften spielen Pflanzen eine zentrale Rolle, erklärt der Mikrobiologe.
„Pflanzen sind ja der Hintergrund unserer täglichen Ernährung. Es geht
hier darum, in dieser Tagung sich Gedanken zu machen: Wie kann man gewisse Pflanzen
nicht nur ertragreicher machen, sondern reichhaltiger und so, dass die Pflanzen auch
fähig sind, gegen äußere Stresssituationen der Umwelt, zum Beispiel Trockenheit oder
Insektenfraß, genügen Resistenz zu haben, dass sie darunter nicht leiden.“
Gerade
für schwierige Anbaugebiete könnte also die grüne Gentechnik in Zukunft interessante
Lösungen bieten. Doch regen sich da – auch in katholischen Kreisen – sofort Bedenken
ethischer Art. So sagte uns der Kameruner Bischof George Nkuo von Kumbo, er betrachte
die „neuartigen Pflanzen“ mit Sorge, weil ihr Anbau die ohnehin schon armen Bauern
der Dritten Welt schädigen würde:
„In ganz Afrika ist es sehr wichtig, herkömmliche
Agrarpraktiken beizubehalten und wieder auf diese zurückzukommen. Die Menschen müssen
in der Lage sein, das Land so zu bewirtschaften, wie es sich traditionell als gut
herausgestellt hat. Meine Sorge ist die, dass herkömmliche Bauern aussterben, wenn
wir diese massiven Einwirkungen der Gentechnik auf Afrika – und auch andere Entwicklungsländer
– zulassen.“
Auch die zahlreichen Nebeneffekte der grünen
Gentechnik seien ethisch auf Herz und Nieren zu prüfen, sagt der Bischof aus Kamerun.
Nebeneffekte etwa…
„auf die gesundheitliche Verfassung der Menschen, auf
die Umwelt insgesamt und auch Nebeneffekte wirtschaftlicher Natur. Hierzu bin ich
kein Experte. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns von den Wissenschaftlern darüber
aufklären lassen. Ich selbst kann nur die armen Bauern und Feldarbeiter dazu aufrufen,
stark zu bleiben, herkömmlich zu produzieren und eine Interessensgemeinschaft zu den
Umweltfragen zu bilden.“
Der Heilige Stuhl hat bisher noch keine offizielle
Stellungnahme zur Genmanipulation von Pflanzen und Lebensmitteln abgegeben. Und wenn
nun im Vatikan Fachleute zum Thema „Genfood“ zusammentreten, heißt das noch lange
nicht, dass der Heilige Stuhl ihre Anschauungen teilt. Werner Arber:
„Die
Päpstliche Akademie greift im Auftrag der Kirche Problemstellungen auf. In diesem
Fall hat die Akademie dieses Thema ausgewählt, weil wir erwarten, dass längerfristig
gesehen – also in einigen Jahrzehnten – die Methode der Gentechnik (in der Landwirtschaft)
von großer Bedeutung sein wird. Es geht darum, unsere tägliche Ernährung besser zu
gestalten und zu verbessern. Man bedenke, dass die Bevölkerungszahl ständig steigen
wird. Ernährung ist somit ein humanitäres Problem. Deshalb erwarte ich als Wissenschaftler,
dass sich die Kirche längerfristig mit diesen Fragen befassen sollte. Daher ist es
gut, dass sie wissenschaftliche Grundlagen kennt.“ (rv 20.05.2009 gs)