Vatikan: Ravasi, „Afrika globalisierungsresistenter als Europa“
Ist Afrika widerstandsfähiger gegen Globalisierungstendenzen als der Rest der Welt?
Zum Verlust von Kultur und spirituellen Werten in Afrika hat der Präsident des Päpstlichen
Kulturrats, Erzbischof Gianfranco Ravasi, geforscht. Kürzlich ist unter seiner Mithilfe
an der Päpstlichen Universität Urbaniana ein entsprechendes Buch erschienen: „Pastorale
Perspektiven für eine neue Evangelisierung im Kontext der Globalisierung und deren
Auswirkungen auf die afrikanische Kultur“.
Die Arbeit bündelt die Inhalte
einer Tagung in Bagamoyo, Tansania, im vergangenen Jahr und möchte einen neuen Impuls
für die pastorale Arbeit in Afrika geben. Erzbischof Ravasi beschreibt die Effekte
der Globalisierung auf die afrikanische Kultur folgendermaßen:
„Auf der
einen Seite entsteht in Afrika so etwas wie eine „Vergesslichkeit“, die man auch innerhalb
der europäischen Kultur kennt. Dabei handelt es sich um ein Vergessen der eigenen
Wurzeln und des eigenen reichen Gedankengutes, weil wir einer neuen Spur am Horizont
folgen, die uns befreiender und fortschrittlicher erscheint, als das Althergebrachte.
Das betrifft zum Beispiel die neuen Wissenschaften und die neue Technik. Auf der anderen
Seite gibt es sicherlich auch einen positiven Effekt, der darin besteht, eine neue
gemeinsame Sprache zu finden, über die der afrikanische Kontinent mit den übrigen
Kontinenten in der Komplexität der Moderne in Dialog treten kann.“
Gegenüber
dem globalisierten Europa schafft es der „schwarze Kontinent“ besser, seine Identität
und seine Werte zu erhalten, meint Ravasi. Welche Werte das sind, die spezifisch Afrika
kennzeichnen, wollten wir von dem Erzbischof wissen:
„Um zunächst einmal
einen großen Wert, den Afrika sich bewahrt hat, zu nennen, greife ich auf ein afrikanisches
Sprichwort zurück, das lautet: „Man muss einem Pflug immer einen Stern anhängen“.
Dieses Sprichwort kann uns in Erinnerung rufen, dass es nicht nur ausschließlich um
Ertragsfähigkeit geht. Den Pflug, von dem die Rede ist, braucht es natürlich. Aber
auf der anderen Seite existiert ein Glanz, ein Geheimnis, das Transzendente. Und an
dieser Stelle macht sich ein zweiter Wert bemerkbar, den Afrika besitzt: die Fähigkeit
zur symbolischen Rede. Dabei handelt es sich um eine eigene Philosophie, eine eigene
Vision vom Leben, die die reiche Spiritualität Afrikas ausmacht. Und diese Spiritualität
kann uns im Westen vielleicht in Erinnerung rufen, dass wir etwas von unserem eigenen
spirituellen Reichtum im Laufe der Jahrhunderte eingebüßt haben – eingebüßt haben
von jenem Reichtum, den wir durch unsere christliche Tradition, aber auch unser griechisch-lateinisches
Erbe besitzen.“