Der Papst ist bei
den Christen im Heiligen Land angekommen. Das sei bei seinen Besuchen in Bethlehem
und Nazareth mehr als deutlich geworden – meinen unsere Radio-Vatikan-Korrespondenten
vor Ort, Gabi Fröhlich und Stefan Kempis. In ihrem Gespräch ziehen sie eine erste
Bilanz der Papstreise, berichten von Höhepunkten und ihren Eindrücken der letzten
Tage.
Kempis: Die Papstreise sah ja jeden Tag anders aus, der schönste war
ja eigentlich Bethlehem, oder?
Fröhlich: Also ich würde auch sagen, dass
die Stimmung in Bethlehem bisher ganz besonders schön war, einfach unheimlich herzlich.
Und die Menschen sind offenbar gut zum Krippenplatz durchgekommen und konnten auch
an den Straßen stehen. Der Papst ist im Papa-Mobil gefahren. Das heißt da waren die
Sicherheitsvorkehrungen nicht derart extrem, dass die Menschen nicht gut an den Papst
rankamen. Ich habe das Gefühl, dass er da unheimlich freundlich und fröhlich empfangen
wurde. Wenn wir jetzt aber bei Nazareth zuschauen, dann sehe ich, dass da auch eine
sehr, sehr gute Stimmung ist und der Papst sehr herzlich begrüßt wird. Kann
man sagen, auch unter dem Eindruck der Bilder aus Nazareth, der Papst ist jetzt endlich
auch bei den Christen im Land angekommen? Bei seinen Katholiken?
So würde
ich es sagen, ja. Ich glaube, man hat vielleicht auch erstmal ein bisschen abgewartet,
wie er sich hier so bewegen würde. Er hat sich ja nun die palästinensische Frage sehr
zu Herzen genommen. Er hat in Bethlehem sehr, sehr stark gesprochen, auch für einen
Staat Palästina, hat die Mauer kritisiert, und zwar nicht einseitig. Er hat natürlich
auch den Palästinensern ins Gewissen geredet und gesagt, dass diese Dinge nicht mit
Gewalt erreicht werden dürfen und er hofft, dass die Ursachen, die zum Bau dieser
Mauer geführt haben, auch überwunden werden können und dass die Mauern in den Herzen
vor allem fallen müssten, um eben dieses Bauwerk, dass er als Mahnmal einer Pattsituation
zwischen Israel und den Palästinensern bezeichnet hat, zum Fall zu bringen. Das heißt,
es war nicht einseitig, aber er hat eine große innere Anteilnahme gezeigt am Schicksal
der Palästinenser, am Leiden der Christen, an den Gründen, die zu ihrer Abwanderung
führen, und dass ist, glaube ich, bei den Menschen auch angekommen. Vielleicht führt
das auch dazu, dass er jetzt bei den Menschen in Nazareth mit so großer Freude auch
begrüßt wird. War die Papstreise also doch auch politischer als man das vorher
gedacht hätte?
Sie war zumindest politischer, als ich es gedacht hätte.
Man hatte ja vorher sehr betont, dass es sich um eine Pastoralreise, um eine Pilgerreise
handele, eben nicht um einen politischen Besuch. Wir hatten uns vielleicht innerlich
so ein bisschen darauf eingestellt, dass man in politischen Angelegenheiten eher vage
bleiben würde. Aber offenbar ist es so gewesen, dass die hiesigen Kirchenführer Benedikt
gesagt haben, dass in dieser Situation ein Nichtreden auch eine Aussage ist und dass
man sich, dadurch dass man gar nichts sagt, nicht abseits halten kann oder anderen
die Frage überlassen kann, sondern dass man – egal wie man sich verhält – automatisch
eine Position bezieht. Und er wollte nun ganz besonders zu den Christen kommen und
ich habe den Eindruck, dass er ihre Position, ihre Perspektive auf den Konflikt eingenommen
hat und das kommt bei den Christen natürlich auch gut an. Jetzt in Nazareth
wirkt das sehr fröhlich, sehr gelöst. Man sieht auch den Papst lachen, viele Christen,
die Fahnen schwenken: das passt ja nun gar nicht zu den vorherigen Katastrophenmeldungen,
dass da nur finstere Islamisten mit Bomben in der Tasche auf Benedikt warten sollten.
Ja
diese Meldungen sind in den Medien sehr beliebt. Sie spiegeln aber nicht die Realität
hier im Land wieder. Es gibt natürlich Extremisten und die Sicherheitskräfte müssen
natürlich auch auf solche Warnungen eingehen. Aber insgesamt ist die ganz große Mehrheit
der Araber ein ganz freundliches, herzliches Volk und gerade in Nazareth ist die Situation
sehr viel gelöster, dadurch dass das in Israel liegt und die Araber dort auch einen
israelischen Pass und ganz andere Möglichkeiten haben, als die Palästinenser in Jerusalem
und in der Westbank. Das merkt auch jeder Pilger, wenn er nach Galiläa kommt, dass
er in eine ganz andere Atmosphäre hineinkommt. Da gibt es natürlich einzelne Konflikte
und Meinungsverschiedenheiten, Diskussionen. Es gibt auch noch Diskriminierung der
Araber in der israelischen Gesellschaft, das sagen die Kirchenführer auch, aber das
ist insgesamt eine Situation, die natürlich sehr viel entspannter ist, als in Jerusalem
oder Bethlehem. Bethlehem, da waren Sie gestern mit ihm Caritas-Baby-Hospital.
Das war ein überraschend familiärer, intimer Moment, nicht wahr?
Ja man
hatte das Gefühl, dass auch die Sicherheitskräfte am Ende gar nicht mehr groß eingegriffen
hätten. Die Menschen konnten noch recht nah an den Papst ran. Sie haben ihn auch mit
diesen arabischen Trillerrufen begrüßt und haben sich einfach furchtbar gefreut, dass
gerade ihr Caritas-Baby-Hospital stellvertretend für die vielen karitativen Einrichtungen
im Land ausgewählt wurde als Anerkennungs-Geste des Papstes für die ganze kirchliche
Arbeit hier im Land. Das Hospital wird vorwiegend von Deutschen, Schweizern, Österreichern
und Italienern getragen. Das ist natürlich auch ein kleines Heimspiel gewesen für
Benedikt. Das er auch genossen hat, weil er da auch mal deutsch sprechen konnte?
Ganz
bestimmt auch, weil ihm dann auf Deutsch alles erklärt wurde. Vielleicht war er auch
ein bisschen stolz darauf, dass aus deutschsprachigen Ländern eine solche Initiative
ausgeht.