2009-05-13 16:43:40

Bethlehem: Eindrücke unseres Korrespondenten


RealAudioMP3 Frage an unseren Korrespondenten Stefan Kempis: Welche Eindrücke hat er vom Tag des Papstes in Betlehem?

„Dazu fallen mir drei Worte ein: heiß, bewegend, chaotisch. Es liegt eine unbarmherzige Hitze über Bethlehem; auch der Papst litt darunter, das hat man ihm bei der Messfeier auf dem Krippenplatz durchaus angesehen. Bewegend: schon der Moment, als das Tor in der hohen Sperrmauer am Rachelgrab aufging, und das Auto mit dem Papst und der Vatikanstandarte fuhr hindurch, und nach dem Konvoi ging das Tor wieder zu, und der Papst und seine ganzen Begleiter waren wieder eingesperrt. Neben dem Tor steht ein hoher Wachturm wie früher an der Berliner Mauer – was werden denn die israelischen Soldaten da oben gedacht haben, als sie unten das Auto mit Papst Benedikt durchfahren sahen? Bewegende Momente auch, als auf dem Krippenplatz der Lateinische Patriarch Twal von der Mauer sprach und sagte: ‚Solange diese Mauer steht, wird unser Land keinen Frieden finden.‛ Bewegend, wie herzlich die Einwohner von Bethlehem den Papst empfingen – es waren 10.000, nach unseren Zahlen. Viel mehr als erwartet. Hinter dem Papst hing während der Messe auf dem Krippenplatz eine riesige palästinensische Flagge; als er vom Leiden im Gazastreifen sprach, gab es sehr starken Applaus.“ 
Also heiß, bewegend – und warum chaotisch?

„Chaotisch, weil ununterbrochen Gerüchte durch die Gegend schwirren: Die einen behaupten, der Papst habe gar nicht im Auto gesessen, das durch die Mauer fuhr, sondern sei heimlich mit dem Hubschrauber nach Bethlehem gebracht worden. Da ist offenbar nichts dran, sagt der Papst-Sprecher Pater Lombardi. Vor allem aber wird über die Christen aus dem Gaza-Streifen spekuliert, die an diesem Dienstag zur Messe hierhin nach Bethlehem gelassen wurden: Sicher weiß man nur, dass fast hundert die Erlaubnis bekommen hatten, Gaza nach über einem Jahr einmal zu verlassen, dass dann aber nur 48 kamen, und jetzt fragen sich alle, warum? Die einen sagen: Die Israelis haben sie am Verlassen des Gaza-Streifens gehindert; einige behaupten dagegen, man habe im Gaza-Streifen Druck auf die Christen ausgeübt, dass sie nicht zur Papstmesse ausreisen… Das ist alles schwer zu durchschauen. Durch die Mauer kommt nichts Sicheres hindurch, nur wilde Gerüchte.  
Benedikt hat auch die Geburtskirche Jesu besucht und die berühmte Geburtsgrotte…

„Ja, und wie vor neun Jahren Johannes Paul II. ist der Papst da nach allem, was wir hören, nach dem Mittagessen fast alleine hingegangen – ein privater Besuch, einmal wenigstens ohne Fernsehübertragung.“

Bei seinem Besuch im Flüchtlingscamp die israelische Sperrmauer um die Palästinensergebiete deutlich verurteilt. Das acht Meter hohe Bollwerk aus Beton nannte er ein „krasses Mahnmal für die Pattsituation, in welche die Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern geraten zu sein scheinen“. Das waren ja deutliche Worte…

„Der Pontifex, der Brückenbauer, saß zu Füßen einer hässlichen grauen Mauer. Der Mann, der zwei Schlüssel in seinem Wappen führt, bekam von den Eingeschlossenen von Aida einen großen Schlüssel überreicht, Symbol ihrer Hoffnung auf Rückkehr in ihre Heimat – die Bilder von diesem Besuch im Flüchtlingslager werden für sich sprechen. Das sah aus wie ein Papstbesuch im Gefängnis. Aber das Überraschende war, dass die Stimmung im Aida-Lager bei all der Tristesse von Stacheldraht und Wachtürmen viel fröhlicher war als bei irgendeinem anderen Papst-Event der letzten Tage in Jerusalem. So tanzten zum Beispiel kleine Kinder in traditioneller Tracht zu den Klängen einer Beethoven-Symphonie – das war wirklich ein lustiger, interkultureller Moment. Der Papst stützte seinen Kopf in die Hand, klatschte dann einen Moment den Takt mit und erholte sich sichtlich für einen Moment von all den Drahtseilakten, die ihm in diesen Tagen abverlangt werden. Meine sonstigen Beobachtungen: Ewiglange Reden, und nicht immer bekam der Papst eine Übersetzung. Kein Applaus. Kein Bad in der Menge. Anrührende Momente, als ein früherer Häftling und ein Behinderter dem Papst Geschenke überreichten. Und, wie so oft, die Flüchtlinge weit weg vom Papst platziert: Auf den besten Plätzen saßen Bischöfe und palästinensische Funktionäre.“ 
(rv 12.05.2009 sk/gs/bp)







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