2009-05-12 09:24:41

Stichwort: Christen und Juden


Spannungen und Hass zwischen christlichen Gemeinden und Juden lassen sich schon in der Frühphase des Christentums nachweisen, als sich die Anhänger des Juden Jesus aus ihrer ursprünglichen Religionsgemeinschaft lösten und zu einer eigenen Glaubensgemeinschaft wurden. Christen wurden in dieser Phase von Juden verfolgt. Umgekehrt polemisierten christliche Kirchenväter gegen die Juden. So wurden diese unter Berufung auf das Neue Testament für den Kreuzestod Jesu verantwortlich gemacht und als „Gottesmörder“ beschuldigt.

Judenfeindliche Haltung von Christen brach vor allem in gesellschaftlichen Krisensituationen wie den Kreuzzügen oder dem Ausbruch der Pest im 14. Jahrhundert aus. Sie wurde genährt durch antijüdische Legenden über angebliche Hostienfrevel, Ritualmorde oder die Vergiftung von Brunnen. Auch wirtschaftliche Ursachen wie die, den Juden, aber nicht den Christen im Mittelalter erlaubte Geld- und Pfandleihe mündeten in Gewalttaten, Vertreibungen und Zwangsbekehrungen. Vielerorts mussten in den Städten die Juden in abgesonderten Judengassen oder Gettos leben.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde dieser christlich motivierte Antijudaismus von einem Antisemitismus überlagert, der sich vor allem aus der Rassenideologie und nationalistischen Quellen speiste. Er führte unter anderem in Russland und Polen zu schweren Pogromen. Seine furchtbarste Ausprägung erhielt der Antisemitismus in der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die die völlige Ausrottung des Judentums plante und mehr als sechs Millionen Juden umbrachte.

In der Folge des Holocaust kam es in den christlichen Großkirchen zu einem Umdenkungsprozess. Die katholische Kirche räumte ein, dass kirchlicher Antijudaismus und Antisemitismus zum millionenfachen Mord an Juden beigetragen und eine verbreitete Gleichgültigkeit vieler Christen gegenüber der Shoah begünstigt hätten. Einen vielbeachteten Wendepunkt für die katholische Kirche brachte das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das die Juden als „unsere von Gott geliebten Brüder und Schwestern“ bezeichnete.

In einem 1998 veröffentlichten Vatikan-Dokument zum Holocaust äußerte die Kirche zwar Bedauern über das „Versagen ihrer Söhne und Töchter aller Generationen“ gegenüber den Juden. Eine Mitschuld der Kirche als Institution wurde aber abgelehnt.
Im Jahr 2000 sprach mit Johannes Paul II. erstmals in der Geschichte der Kirche ein Papst ein umfassendes „Mea culpa“ für die Fehler und Sünden von Christen in den zurückliegenden 2.000 Jahren aus.

In jüngster Zeit kam es wiederholt zu Spannungen zwischen der Kirche und dem Judentum. Ein Konfliktpunkt ist die erneuerte Karfreitagsfürbitte und die damit verbundene Frage der Judenmission. Vertreter beider Seiten betonten jedoch, das inzwischen starke Fundament der gegenseitigen Beziehungen sei durch die jüngsten Querelen nicht dauerhaft zu erschüttern.

(kna/rv 12.05.2009 bp)








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