2009-05-12 11:06:28

Papstrede vor dem Oberrabbinat in Jerusalem


Benedikt XVI. hat an diesem Dienstagmorgen im „Hechal Shlomo“ – Centre in Jerusalem zu den Oberrabbinern Shlomo Amar und Yona Metzger gesprochen.
Wir dokumentieren die Ansprache in einer Arbeitsübersetzung von Gudrun Sailer.


Verehrte Rabbiner,
Liebe Freunde,

ich danke Ihnen für die Einladung, Hechal Shlomo zu besuchen und Sie bei dieser meiner Reise als Bischof von Rom treffen zu düfen. Dem sephardischen Rabbi Shlomo Amar und dem aschkenasischen Rabbi Yona Metzger danke ich für ihre warmen Worte des Willkommens und für den von ihnen geäußerten Wunsch, die freundschaftlichen Bande zwischen der Katholischen Kirche und dem Oberrabbinat zu festigen, die in den vergangenen Jahrzehnten so sorgfältig aufgebaut worden sind. Ihre Besuche im Vatikan in den Jahren 2003 und 2005 sind ein Zeichen für den guten Willen, der die Entwicklung unsrer Beziehungen prägt.
Verehrtes Rabbinat, ich erwidere diesen guten Willen, indem ich meinen Respekt und meine Achtung für euch und eure Gemeinschaften zum Ausdruck bringe. Ich versichere euch meines Wunsches, das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl, dem Oberrabbinat von Israel und dem jüdischen Volk weltweit zu vertiefen.
Eine große Quelle der Befriedigung sind für mich die Früchte des fortwährenden Dialogs, der seit meinem Amtsantritt zwischen der päpstlichen Kommission für die Beziehungen der Religionen zum Judentum und der Delegation für die Beziehungen zur Katholischen Kirche des Oberrabbinats von Israel stattgefunden hat. Ich möchte den Angehörigen beider Delegationen für ihre Hingabe und ihre unermüdliche Arbeit zur Vervollkommnung dieser Initiative danken, die so sehnlich von meinem verehrten Vorgänger, Papst Johannes Paul II., gewünscht wurde, wie er es im Heiligen Jahr 2000 ausdrückte.
Unser heutiges Treffen ist eine angemessene Gelegenheit, dem allmächtigen Gott zu danken für die vielen Segnungen, die den Dialog der Bilateralen Kommission begleiteten, und um hoffnungsvoll auf seine zukünftigen Sitzungen zu blicken. Der gute Wille der Gesandten beim offenen und geduldigen Diskutieren nicht nur von Punkten der Übereinstimmung, sondern auch von Streitpunkten, hat auch den Weg geebnet für eine wirksamere Zusammenarbeit im öffentlichen Leben. Juden und Christen sind gleichermaßen daran interessiert, Respekt für die Heiligkeit des Lebens sicherzustellen, sie sind interessiert an der Zentralität der Familie, einer guten Ausbildung der Jugend, Religions- und Gewissensfreiheit für eine gesunde Gesellschaft. Diese Themen des Dialogs stellen nur eine Anfangsphase dessen dar, was, so hoffen wir, ein solider, beständiger Weg hin zu einem besseren gegenseitigen Verständnis sein wird.
Einen Hinweis auf das Potential dieser Reihe von bilateralen Treffen konnte man sehen in unserer geteilten Sorge gegenüber dem moralischen Relativismus und den aus ihm hervorgehenden Beleidigungen gegen die Würde der menschlichen Person. Wenn wir die dringendsten ethischen Fragen unserer Tage angehen, finden sich unsere beiden Gemeinschaften vor der Herausforderung, die Menschen guten Willens auf der Ebene der Vernunft miteinzubeziehen und ihnen gleichzeitig die religiösen Fundamente zu zeigen, welche die unveränderlichen moralischen Werte am besten stützen. Möge der begonnene Dialog weiterhin Ideen hervorbringen, wie Christen und Juden miteinander arbeiten können, um die Wertschätzung der Gesellschaft für die spezifischen Beiträge unserer religiösen und ethischen Traditionen zu steigern. Hier in Israel schätzen die Christen, da sie nur einen kleinen Teil der Bevölkerung stellen, besonders die Möglichkeiten des Dialogs mit ihren jüdischen Nachbarn.
Das Vertrauen ist zweifellos ein essentielles Element für einen wirksamen Dialog. Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, dass die Katholische Kirche unwiderruflich auf dem Weg einer echten und dauerhaften Versöhnung zwischen Christen und Juden unterwegs ist, einem Weg, den das Zweite Vatikanische Konzil einschlug. Wie die Erklärung „Nostra Aetate“ klarstellte, lässt die Kirche weiterhin das gemeinsame spirituelle Erbe von Christen und Juden zur Geltung kommen und wünscht sich ein immer tieferes gegenseitiges Verstehen und Wertschätzung, sei es über biblische und theologische Studien, sei es über den brüderlichen Dialog. Die sieben Treffen der bilateralen Kommission, die bereits zwischen Heiligem Stuhl und Großrabbinat stattfanden, können dafür ein Beweis sein! Ich bin Ihnen auf diese Weise sehr dankbar für Ihre Zusicherung, dass die Freundschaft zwischen Katholischer Kirche und Großrabbinat sich in Zukunft im Respekt und im Verständnis weiterentwickeln wird.
Meine Freunde, neuerlich möchte ich meine tiefe Wertschätzung ausdrücken über Ihren Willkommensgruß, den Sie heute an mich gerichtet haben. Ich vertraue darauf, dass unsere Freundschaft sich auch weiterhin als ein Beispiel des Vertrauens und des Dialogs für die Juden und die Christen auf der ganzen Welt präsentiert. Wenn wir auf die bisher erzielten Ergebnisse schauen und unsere Inspiration aus der Heiligen Schrift ziehen, können wir vertrauensvoll auf eine immer überzeugtere Zusammenarbeit zwischen unseren Gemeinschaften zusteuern – gemeinsam mit allen Menschen guten Willens, im Zurückweisen von Hass und Verfolgung auf der ganzen Welt. Ich bitte Gott, der unsere Herzen erforscht und unsere Gedanken kennt, dass er uns weiterhin mit seiner Weisheit erleuchte, sodass wir sein Gebote befolgen können, ihn zu lieben mit dem ganzen Herz, der ganzen Seele und mit allen Kräften und unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben. Danke!

(rv 12.05.2009 gs)







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