Manger Square, Krippenplatz,
direkt vor der Geburtskirche: Wer es bis hierhin schafft, der hat schon einiges durchgemacht.
Das war schon zur Zeit Jesu so, der wie ein Flüchtling auf die Welt kam. Und das ist
erst recht heute so, wo die Einwohner Bethlehems – von denen viele Flüchtlinge aus
anderen Teilen Palästinas sind – hinter einer Mauer eingesperrt leben, höher als die
Mauer von Berlin. Und wer – etwa aus Richtung Jerusalem – hierhin will, muss strenge
Checkpoint-Kontrollen über sich ergehen lassen, es sei denn, er wäre der Papst. Krippenplatz
also. Die Sonne brennt von oben, Händler warten auf Pilger, die nicht kommen – die
nicht mehr so zahlreich kommen wie früher - seit die Mauer steht. „Wir brauchen Frieden
im Heiligen Land“, sagt einer von ihnen, mehr deutsch kann er nicht. Was einmal
laut dem Propheten Micha „die kleinste unter den Fürstenstädten von Juda“ war, ist
auch heute armselig. Ausnahme und Hauptattraktion: die Geburtskirche, von weitem an
ihrem hohen Kirchturm erkennbar. Von außen zeigt sie dicke Mauern; Kaiser Kontantin
baute sie, der heilige Hieronymus lebte hier in der Gegend und übersetzte die Bibel,
die Perser verschonten sie bei einem Einfall im 7. Jahrhundert, der Kalif Omar betete
hier, der erste König von Jerusalem wurde hier im Jahr 1100 gekrönt, und israelisches
Militär belagerte vor ein paar Jahren wochenlang extremistische Kämpfer, die sich
im Innern der Basilika verschanzt hatten. Berühmt ist der niedrige Eingang der
Kirche. Wer hineingeht, ist überrascht: Nicht so ein dunkler, verwinkelter Bau ist
das wie die Grabeskirche von Jerusalem, sondern sichtbar eine Basilika frühchristlichen
Typs, klar strukturiert, lichterfüllt. Allerdings – auch hier herrscht wie in der
Grabeskirche ein so genannter „Status quo“ – das meiste gehört den Griechisch-Orthodoxen,
kleinere Teile werden von den Armeniern und den Lateinern verwaltet. Ein griechischer
Pope sitzt auf einem Stühlchen vor dem Hauptaltar und überwacht wie ein Herrscher
alle Eintretenden. Löcher im Steinboden geben den Blick frei auf darunterliegende
byzantinische Mosaike aus dem 6. Jahrhundert. Im hinteren Teil der Basilika, zwei
Stufen hoch und dann ein paar enge, gewundene Stufen hinunter, geht es in eine alte
Höhle oder Grotte, etwas eigenwillig verwinkelt. Da glänzt unter einem Altar der silberne
Stern mit der lateinischen Umschrift: „Hier wurde von der Jungfrau Maria Jesus Christus
geboren.“ Pilger – wenn sie denn kommen – beugen sich hier hinunter und küssen die
Marmorplatte mit dem Stern in der Mitte. Beim Hinausgehen findet man gleich neben
der alten Basilika eine ganz moderne: die Kirche der hl. Katharina, katholisch, von
einer ganzen Heerschar von Franziskanern verwaltet. Wenn Jesus heute geboren würde,
dann aber sicher nicht hier, sondern ein paar Kilometer weiter: im Caritas-Baby-Hospital,
das von der Schweizer und der Deutschen Bischofskonferenz unterhalten wird. Es steht
gleich rechts vor dem Checkpoint, an der Mauer. (rv 11.05.2009 sk)