„Hevenu shalom
alechem“, „Wir wollen Frieden für alle“ - mit diesem Wunsch haben Fähnchen schwenkende
Schulkinder Papst Benedikt in Tel Aviv herzlich begrüßt. Weit nervöser wirkten da
Staatsoberhaupt Shimon Peres und Regierungsvertreter beim Empfang des Papstes auf
dem Flughafen der israelischen Hauptstadt. Im Anschluss an die Begrüßungszeremonie
ist das Kirchenoberhaupt per Hubschrauber nach Jerusalem aufgebrochen. Wie ist die
Stimmung dort und ganz allgemein in Israel kurz nach der Ankunft des Papstes? Das
haben wir unseren Korrespondenten in Jerusalem, Stefan Kempis, gefragt.
Der
Papst ist in Tel Aviv und danach in Jerusalem eingetroffen – was sind die ersten Eindrücke?
„Der
Empfang in Tel Aviv wirkte ziemlich förmlich; am nervösesten oder bewegtesten kam
mir Präsident Peres vor, der auch sehr laut und nachdrücklich sprach. Benedikt hingegen
machte zunächst einen freundlich-vorsichtigen Eindruck, dann sah man, dass er Peres`
Worten aufmerksam, ja fast etwas amüsiert zuhörte. Dem Ministerpräsidenten Netanjahu
mit seiner sehr massigen Präsenz war anzumerken, dass das für ihn eher ein Pflichttermin
war, keine Herzenssache. Und die Papstrede – die kam sofort und sehr schnell auf den
Punkt. Bevor da irgendein neuer Zweifel aufkommen konnte, erwähnte Benedikt die sechs
Millionen jüdischen Holocaust-Opfer und rief zum Kampf gegen Antisemitismus; das wird
in der israelischen Wahrnehmung den guten Eindruck verstärken, den seine Worte zum
engen Band zwischen Christen und Juden vom Berg Nebo schon auf die Israelis gemacht
hatten.“ Diese Worte vom Berg Nebo hatten ja großes Echo…
„Ja –
und sie haben übrigens viele Christen hier in Jerusalem überrascht und fast ein bisschen
gestört: Warum sagt er das schon in Jordanien, im mehrheitlich islamischen Umfeld?
Das wirkte auf viele wie eine Vorwärts-Verteidigung, um von vornherein günstiges Klima
in Israel zu schaffen. – Papst Benedikt wurde ja dann im besetzten Ost-Jerusalem unter
anderem auf hebräisch vom Bürgermeister begrüßt – einem Bürgermeister, den viele Palästinenser
nicht anerkennen. Wie dieser Moment auf viele Palästineser gewirkt haben wird (und
auch, dass man überall israelische Fähnchen sah), das kann man sich leicht vorstellen.
Immerhin war danach sehr gelöste Stimmung, Schulkinder gaben dem Papst die Hand und
sangen „Hevenu shalom alechem“, Fähnchen wurden geschwenkt – es wäre schön, wenn der
Besuch in dem Stil weitergeht und nicht alles von dem, was Israelis so unter Sicherheit
verstehen, zermalmt wird.“ Wie ist die Stimmung in Jerusalem jetzt, wo der
Papst da ist?
„Also, mit einem Mal ist das christliche Viertel voller Pilger,
die in den letzten Stunden per Flugzeug aus Europa angereist sind, um die einheimischen
Christen hier sozusagen zu „verstärken“, damit auf den Fernsehbildern nicht alles
so leer aussieht. In den Straßen hört man jetzt also vor allem italienisch, polnisch
und spanisch. An der Grabeskirche steht der muslimische Herr, dessen Familie seit
Jahrhunderten den Schlüssel der Kirche hat, an der Eingangstür und überwacht einen
Arbeiter, der die Türangeln der alten hölzernen Eingangstür ölt – damit sie nicht
quietscht, wenn man sie für den Papst feierlich öffnet. Innen drin wird noch schnell
überall gewischt und geputzt, jedenfalls bei den Katholiken; die Leuchter, die vor
zwölf Stunden noch völlig rußig und schwarz waren, glänzen jetzt golden, wie neu.
Irgendwie wirkt aber die Altstadt jetzt leerer als in den letzten Tagen noch; der
Tempelberg ist für Besucher geschlossen.“ Was hört man im israelischen Rundfunk
über den Papstbesuch?
Der Rundfunk berichtet ausführlich, welche Straßen
in den nächsten Stunden und Tagen alle geschlossen werden und wo die Umleitungen sind;
die Polizei sei entschlossen, robust für Ordnung zu sorgen. Im israelischen Teil Jerusalems
scheint das normale Alltagsleben weiterzugehen, aber es hängen doch überall gut sichtbar
Poster mit der Aufschrift „Willkommen, Benedikt XVI.“. Wenn man Israelis auf der Straße
auf den Besuch anspricht, bekommt man nicht viel zu hören; die meisten von ihnen interessieren
sich offenbar nicht sonderlich dafür, solange der Verkehr normal fließt. Das israelische
Radio berichtet übrigens auch von mehreren Politikern, etwa dem neuen Knesset-Vorsitzenden,
der der Likud-Partei angehört, die den Papst soweit wie möglich meiden wollen. Der
rechtsextreme neue Außenminister Liebermann ist auf Reisen gegangen, wohl um Benedikt
nicht treffen zu müssen. (rv 11.05.2009 sk)