Heiliges Land erwartet Benedikt XVI. - Eindrücke aus Jerusalem
Benedikt XVI. hat seine Nahost-Reise begonnen – es wird wohl die schwierigste seiner
bisherigen Auslandsreisen, denn die Lage der Völker, der Religionen, der Konfessionen
ist im Heiligen Land ausgesprochen verwickelt. Für das deutschsprachige Programm von
Radio Vatikan begleitet Stefan von Kempis die Reise; er schildert seine ersten Eindrücke:
Der Muezzin ruft
zum Gebet über der drittheiligsten Stätte des Islam – dem Jerusalemer Tempelberg.
Das Gelände, das auch dem Judentum und den Christen heilig ist, steht unter jordanischer
Verwaltung; um das zu demonstrieren, hat der mittlerweile verstorbene König Hussein
erst in den neunziger Jahren die goldene Kuppel des Felsendoms neu decken lassen.
Jetzt will der Papst Zugang erhalten zu dem heiligen Ort, auf dem einmal Salomos Tempel
stand, wo Jesus betete und Mohammed angeblich in den Himmel auffuhr – und da muss
er denn zuerst dem Haschemiten-König in Jordanien seine Aufwartung machen; so hielten
es schon seine Vorgänger. Paul VI. wurde 1964 gar von König Hussein von Amman aus
bis an die Mauern von Jerusalem begleitet. Das war drei Jahre, bevor Jordanien die
Kontrolle über die Westbank an Israel abtreten musste; doch die Schlüssel zum Tempelberg,
die liegen weiter in Amman. Ein Beispiel für die komplizierte Gemengelage des Orients,
auf die Papst Benedikt trifft. Das Heilige Land: ein Durcheinander von Grenzen,
Mauern, zerstrittenen Riten, feindlichen Gruppen. Heiliges Land, ja – aber keines
war so unfriedlich in den letzten hundert Jahren. „Schwer, sich an dieses Klima des
Hasses zu gewöhnen“, sagt ein italienischer Priester, der – wie viele Kirchenleute
– nur für ein paar Jahre hier ist, mit Studentenvisum jeweils für ein Jahr. Die Meinungen
zum Papstbesuch gehen auch unter Christen vor Ort oft weit auseinander: „Da fahren
wir gar nicht erst hin“, sagen einige, die Benedikt etwa übel nehmen, dass er nicht
auch in den palästinensischen Gazastreifen reist. Manche nicht-katholische Christen
wirken sogar richtig missgünstig: „Ihr Katholiken seid so reich und zieht mit dem
Papstbesuch alle Aufmerksamkeit nur auf euch“, sagen sie. Andere sehen dagegen die
Chance, dass die Christen in der Region wenigstens dieses eine Mal nach außen einig
und interessant wirken können. „Aber sprecht nicht nur von Israel in diesen Tagen
des Papstbesuchs“, sagen sie zu uns Journalisten, „sprecht genauso ausführlich auch
von Jordanien.“ Denn das Heilige Land ist mehr als „nur“ Israel – auch darauf lenkt
Benedikts Reiseroute den Blick.