Die beiden großen
Kirchen haben das Scheitern des Berliner Volksentscheids „Pro Reli“ eingeräumt. Bei
der Abstimmung am Sonntag erhielt die Initiative „Pro Reli“ nicht die erforderliche
Stimmenzahl für ihren Gesetzentwurf. Dieser sah vor, dass der Religionsunterricht
in der Hauptstadt vom freiwilligen Zusatzangebot zur gleichberechtigten Alternative
des staatlichen Ethikpflichtfachs wird. Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis votierten
51,3 Prozent der Abstimmungsteilnehmer mit Nein und 48,5 Prozent mit Ja. Eine Mehrheit
erhielt „Pro Reli“ nur in den Berliner Westbezirken.
Der Vorsitzende der Initiative,
Christoph Lehmann, sagte dazu gegenüber Radio Horeb: „Die Abstimmung
hat gezeigt, dass Berlin in einer Weise gespalten ist, wie wir es uns selber nicht
vorstellen konnten. Wir haben in vielen der westlichen Bezirke eine Zustimmung von
zwei Dritteln oder mehr, während es in den Ostbezirken mehrheitlich anders aussieht.
Das ist 20 Jahre nach der Wiedervereinigung ein Ergebnis, das die ganze Stadt nachdenklich
stimmen sollte. Mit dem Ergebnis sind wir natürlich nicht zufrieden. Wir sind enttäuscht,
aber bei richtigem Nachdenken kann mit so einem Ergebnis, das ein so gespaltenes Bild
der Stadt liefert, keine Seite richtig zufrieden sein.“
Der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, und der Ratsvorsitzende
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, riefen den
rot-roten Senat auf, beim Religionsunterricht Kompromissbereitschaft zu zeigen. Als
Erfolg werten sie die breite öffentliche Debatte in Berlin; Christen, Juden und Muslime
waren in der Frage enger zusammengerückt. Das Ergebnis sei zwar nicht messbar, sagt
„Pro Reli“-Vorsitzender Lehmann, aber:
„Sie dürfen nicht vergessen, wir
haben in einer Stadt, in der seit vielen Jahren über Religion nicht mehr gesprochen
wurde, öffentlich schon gar nicht, Debatten angezettelt, die Ihresgleichen suchen.
Wir haben sie zum Teil auf ziemlich hohem Niveau geführt. Es ging um das Verhältnis
von Glauben und Religion, um die Notwendigkeit zu hoffen und hoffenden Menschen zu
haben. Das alleine ist schon ein großer Wert. Diese Diskussion wird die Stadt verändert
haben – zumindest im Themenbereich Religion und religiöse Menschen.“
Die
Wahlbeteiligung lag bei 29,2 Prozent. Für einen Erfolg der Initiative und eine entsprechende
Änderung des Schulgesetzes hätten rund ein Viertel aller stimmberechtigten Berliner
mit Ja votieren müssen. Warum konnten die Kirchen letztendlich doch nicht genug Menschen
für den Religionsunterricht gewinnen? Christoph Lehmann:
„Wir haben mit
der Diskussion Religion und Religiosität in dieser Stadt aus einer Tabuzone geholt.
Dennoch ist es ein komplexes Thema, das wir zur Abstimmung gestellt haben und das
vor allem Eltern mit Kindern betrifft. Vermutlich ist es uns nicht gelungen, so viele
Menschen zu mobilisieren, wie notwendig gewesen wäre.“