2009-04-26 11:30:39

Papstpredigt zur Heiligsprechung


Papst Benedikt XVI. hat an diesem Sonntag auf dem Petersplatz einen Portugiesen und vier italienische Männer und Frauen heilig gesprochen. Wir dokumentieren hier seine Predigt in einer Arbeitsübersetzung von Pater Eberhard von Gemmingen SJ:


Liebe Brüder und Schwestern,
an diesem dritten Sonntag der Osterzeit, stellt die Liturgie noch einmal das Geheimnis des auferstandenen Christus in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Der Urheber des Lebens, Sieger über Sünde und Tod, fährt fort, sich für uns darzubringen und für uns als unser Fürsprecher einzusetzen. Am Kreuz gestorben stirbt er nicht mehr, und mit den Zeichen der Passion lebt er unsterblich. Lassen wir uns innerlich von der österlichen Fülle überfluten, die von diesem großen Geheimnis ausgeht. Beten wir mit dem Antwortpsalm „Das Licht deines Antlitzes leuchte über uns.“
Das Licht des auferstandenen Christus leuchtet heute in besonderer Weise über uns durch die evangelischen Züge der fünf Seligen, die in dieser Feier ins Buch der Heiligen eingeschrieben werden: Arcangelo Tadini, Bernardo Tolmei, Nuno de Santa Maria Alvares Pereira, Gertrude Comensoli und Caterina Volpicelli. Gerne vereinige ich mich mit der Ehre, die ihnen die Pilger bezeugen, die hier aus verschiedenen Nationen zusammen gekommen sind. Ihnen übermittle ich ganz herzlich meinen Gruß. Die unterschiedlichen menschlichen und geistlichen Schicksale dieser neuen Heiligen zeigen uns die tiefe Erneuerung, das das Geheimnis der Auferstehung Christi in den Herzen der Menschen bewirkt. Es ist das grundlegende Geheimnis, das die ganze Heilsgeschichte orientiert und leitet. Völlig richtig lädt uns die Kirche immer – und besonders in dieser österlichen Zeit – dazu ein, unsere Aufmerksamkeit auf den auferstandenen Christus zu lenken, der im Sakrament der Eucharistie wirklich gegenwärtig ist.
Im Evangelium erzählt uns der heilige Lukas eine der Erscheinungen des auferstandenen Jesus. Ganz am Anfang des Absatzes merkt der Evangelist an, das die zwei Jünger von Emmaus, die eilig nach Jerusalem zurückgekehrt sind, den Elf erzählen, wie sie Jesus beim Brechen des Brotes erkannt haben. Und wie sie die außergewöhnliche Erfahrung ihrer Begegnung mit dem Herrn erzählen, steht er schon in Person in ihrer Mitte. Aufgrund dieser plötzlichen Erscheinung sind die Apostel voller Angst und voll Schrecken. Es ging so weit, dass Jesus sie aufforderte, ihn anzufassen, um ihnen Sicherheit zu geben und jeden Zweifel und jede Angst zu nehmen.. Er war kein Gespenst, sondern ein Mensch mit Fleisch und Blut. Dann bat er sie, ihm etwas zu essen zu geben. Noch einmal – wie es bei den Jüngern von Emmaus geschehen war – ist es bei Tisch, als er mit ihnen aß, dass er sich als auferstandener Christus zeigt. So hilft er ihnen, die heilige Schrift zu verstehen und die Ereignisse des Heils im Licht von Ostern zu neu aufzunehmen. „Alle Worte der Schrift mussten sich erfüllen – sagt er – alles, was Moses, die Propheten und die Psalmen über mich geschrieben haben. Er lädt sie ein, in die Zukunft zu schauen. „In seinem Namen werden allen Völkern die Umkehr und die Vergebung der Sünden verkündet werden.“
Diese gleiche Erfahrung erlebt jede Gemeinschaft bei der Feier der Eucharistie – vor allem am Sonntag. Die Eucharistie ist der privilegierte Ort, an dem die Kirche den „Urheber des Lebens“ erkennt. Sie ist das „Brechen des Brotes“, wie sie in der Apostelgeschichte genannt wird.
Dabei treten wir durch den Glauben in Gemeinschaft mit Christus ein. Er ist Altar, Opfer und Priester. Wir vereinigen uns um ihn, um seiner Worte und der Ereignisse der heiligen Schrift zu gedenken. Wir erleben neu seine Passion, seinen Tod und seine Auferstehung. Wenn wir die Eucharistie feiern, vereinigen wir uns mit Christus, dem Opfer der Aussöhnung, und von ihm erhalten wir Vergebung und Leben. Was wäre unsere Leben ohne die Eucharistie? Die Eucharistie ist das ewige und lebendige Erbe, das uns im Sakrament seines Leibes und Blutes vom Herrn hinterlassen wurde. Wir müssen es immer wieder neu durchdenken und vertiefen, damit – wie der verehrte Papst Paul VI. sagte –es seine unerschöpfliche Wirksamkeit auf uns an allen Tagen unseres Lebens ausüben kann. Vom Eucharistischen Brot genährt, haben die Heiligen, die wir heute verehren, ihre Mission der evangelischen Liebe auf den verschiedenen Feldern , auf denen sie mit ihren speziellen Charismen gewirkt haben, vollbracht.
Der heilige Arcangelo Tadini verbrachte viele Stunden vor der Eucharistie. Er hatte die menschliche Person in ihrer Gesamtheit immer vor ‚Augen bei seiner pastoralen Arbeit. So half er seinen Pfarrmitgliedern menschlich und geistlich zu wachsen. Dieser heilige Priester, der ein Mensch Gottes war, bereit, sich in jedem Augenblick vom Heiligen Geist führen zu lassen, war gleichzeitig immer bereit, eine Not im Augenblick aufzugreifen und Hilfe zu schaffen. Daher unternahm er nicht wenige konkrete und mutige Initiativen – wie z.B. die Organisation der katholischen Arbeitergesellschaft und der gegenseitigen Hilfe, den Bau der Filanda, das Heim für Arbeiterinnen und im Jahr 1900 die Gründung der Kongregation der Arbeiterinnen des Heiligen Hauses von Nazareth. Sie hatte zum Ziel, nach dem Beispiel der heiligen Familie von Nazareth durch die Teilnahme an der täglichen Mühe die Welt der Arbeit zu heiligen. Wie prophetisch war die charismatische Intuition von Don Tadini und wie aktuell bleibt sein Beispiel gerade heute, in einer Zeit großer wirtschaftlicher Krise! Er erinnert uns, dass wir den Sauerteig des Evangeliums nur dann, wenn wir eine dauerhafte und tiefe Beziehung zum Herrn besonders im Sakrament der Eucharistie haben, in die verschiedenen Arbeitsbereiche und in jede Umgebung unseres Lebens tragen können.
Auch im Heiligen Bernardo Tolomei tritt die Liebe zum Gebet und zur Handarbeit besonders hervor. Er war ein außergewöhnlicher Förderer des benediktinischen Mönchslebens. Er hatte eine eucharistische Existenz, ganz der Kontemplation verschrieben, und er war völlig im Dienst am Nächsten. Wegen seiner außerordentlichen Demut und Brüderlichkeit wurde er von den Mönchen 27 Jahre in Folge zum Abt gewählt – bis zu seinem Tod. Um seinem Werk eine sichere Zukunft zu garantieren, erhielt er von Papst Clemens VI. am 21. Januar 1344 die päpstliche Anerkennung der neuen benediktinischen Kongregation unter den Namen „Santa Maria di Monte Oliveto“. Bei der großen Pest im Jahr 1348 verließ er die Einsamkeit von Monte Oliveto, um ins Benediktinerkloster Sankt Benedikt a Porta Tufi in Siena zu gehen, um den Mönchen die von der Pest betroffen waren, zu helfen. Er starb dann selbst an dieser Krankheit und wurde so ein Martyrer der Nächstenliebe. Von dem Beispiel dieses Heiligen kommt auf uns die Einladung, unseren Glauben aus dem Impuls der Nächstenliebe, die bereit ist auch zum letzten Opfer, in ein Leben für Gott im Gebet und im Dienst am Nächsten umzusetzen.
(auf Portugiesisch)
In Psalm 4 heißt es in Vers 4: „Wunderbar handelt der Herr an den Frommen, der Herr erhört mich, wenn ich zu ihm rufe.“ Diese Worte des Antwortpsalms drücken das Geheimnis des abenteuerlichen Lebens von Nuno de Santa Maria aus. Er ist ein Held und Heiliger Portugals. Die 70 Jahre seines Lebens lagen am Ende des 14. und am Anfang des 15. Jahrhunderts. In dieser Zeit erreichte Portugal seine Unabhängigkeit von Kastilien und breitete sich auf dem Ozean aus. Das war ein göttliches Zeichen dafür, das Evangelium bis ans Ende der Welt zu tragen. Der Heilige Nuno fühlte sich als Instrument Gottes und als Teil der Militia Christi. Er wusste sich als Zeuge Christi in einer Berufung an alle Christen. Bezeichnend sind sein intensives Gebetsleben und sein absolutes Vertrauen in Gott. Er war zunächst ein sehr guter Offizier und großer Vorgesetzter. Nuno bemühte sich immer, Gott nicht im Wege zu stehen, im Gegenteil seinen Willen zu erkennen und zu tun. Er ahmte die Gottesmutter Maria nach, die er sehr verehrte. Ihr schrieb er auch öffentlich seine Siege zu. In der zweiten Hälfte seines Lebens ging er in das Karmelitenkloster, das auf seine Veranlassung hin gebaut worden war. Ich fühle mich glücklich, der ganzen Kirche diesen vorbildlichen Heiligen vorstellen zu können. Er lebte in Gebet und tiefem Glauben in einer Zeit, die dafür eigentlich wenig geeignet und offen war. Er zeigte, dass man in jeder Zeit und Umgebung die Prinzipien und Werte christlichen Lebens wirklich auch leben kann, wenn dieses Leben nur im Dienst der Ehre Gottes und des Gemeinwohles steht.


(wieder auf Italienisch)
Eine besondere Anziehungskraft ging für die Heilige Gertrude Comensoli seit ihrer Kindheit von Jesus in Form der Eucharistie aus. Die Anbetung des eucharistischen Christus wurde zum Hauptziel ihres Lebens, man könnte fast sagen zur Voraussetzung ihrer Existenz. Denn erst durch die Eucharistie hat Gertrude ihre Berufung und Mission in der Kirche verstanden: die Berufung, sich ohne Vorbehalt dem apostolischen und missionarischen Handeln zu widmen, vor allem zu Gunsten der Jugend. So entstand, dem Wunsch von Papst Leon XIII. folgend, ihr Institut, dass es sich zur Aufgabe machte, die „betrachtende Liebe“ in den eucharistischen Christus umzuwandeln; in die „gelebte Barmherzigkeit“, indem man sich den Bedürfnissen des Nächsten widmet. In einer verlorenen und oft verletzten Gesellschaft, wie es die unsere ist, wendet sich die Heilige Gertrude an eine Jugend, die der unserer Zeit entspricht, eine Jugend auf der Suche nach Werten und dem Sinn der eigenen Existenz. Dieser zeigt sie als felsenfesten Anhaltspunkt Gott auf, der sich in Form der Eucharistie zu unserem Wegbegleiter gemacht hat. Wir werden so erinnert, dass sich die Anbetung von allen Werken der Barmherzigkeit abheben muss. Denn durch die Liebe zu unserem gestorbenen und auferstandenen Christus, der im eucharistischen Sakrament wahrhaftig präsent ist, wird die evangelische Barmherzigkeit zum Vorschein gebracht, die uns dazu bringt, alle Menschen als Brüder anzusehen.


Zeugin der göttlichen Liebe war auch die Heilige Caterina Volpicelli, die sich bemühte, „zu Christus zu gehören, um zu Christus zu bringen“. Wie viele hat sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Neapel erreicht, in einer Zeit der spirituellen und sozialen Krise. Auch für sie bestand das Geheimnis in der Eucharistie. Ihren ersten Mitarbeiterinnen hat sie ans Herz gelegt, ein intensives Leben der Spiritualität und des Gebetes zu pflegen, vor allem den lebendigen Kontakt mit dem eucharistischen Jesus. Dies ist auch heute die Bedingung, um das von ihr begonnene Werk und ihre Mission fortzuführen, die sie den „Ancelle del Sacro Cuore“ („Mägden des Heiligsten Herzen Jesu“) hinterlassen hat. Um authentische Erzieherinnen des Glaubens zu sein, die es anstreben, den neuen Generationen die Werte der christlichen Kultur zu übermitteln, ist es unerlässlich, wie sie es zu wiederholen pflegte, Gott aus dem Gefängnis zu befreien, in das ihn die Menschen verbannt haben. Denn nur im Herzen Christi kann die Menschheit eine stabile Heimat finden. Die Heilige Caterina zeigt ihren spirituellen Töchtern und uns allen auf, wie der fordernde Weg der Bekehrung unsere Herzen an der Wurzel verändern und sich in Handlungsweisen umwandeln kann, die mit dem Evangelium übereinstimmen. So ist es möglich, die Basis für eine Gesellschaft zu schaffen, die der Gerechtigkeit und der Solidarität offen gegenüber steht. So kann das wirtschaftliche und kulturelle Ungleichgewicht überwunden werden, das weiterhin in großen Teilen unseres Planeten besteht.


Liebe Brüder und Schwestern, lasset uns dem Herrn für das Geschenk der Heiligkeit danken, das heute in voller Pracht in der Kirche erstrahlt, in Form von Arcangelo Tadini, Bernardo Tolomei, Nuno de Santa Maria Alvares Pereira, Gertrude Comensoli und Caterina Volpicelli. Lassen wir uns von ihrem Beispiel in den Bann ziehen, lassen wir uns von ihrer Lehre leiten, damit auch unsere Existenz zu einem Lobgesang an Gott wird – auf den Spuren Jesu, der im Glauben im Geheimnis der Eucharistie verehrt wird und dem wir durch Großzügigkeit in Nächstenliebe dienen. Mögen wir die Realisierung dieser evangelischen Mission durch die Fürbitte Marias, der Königin der Heiligen, erreichen, und durch diese fünf neuen, leuchtenden Beispiele an Heiligkeit, die wir heute mit Freude verehren. Amen!


(rv 26.04.2009 gem/bp)








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