2009-04-24 15:34:53

D: Berlin vor der Wahl


RealAudioMP3 Am Sonntag sind die Berliner aufgerufen, in einem Volksentscheid über die Einführung eines Wahlpflichtbereiches Ethik/Religion an den Schulen abzustimmen. Seit 2006 wird auf Betreiben des rot-roten Senats das Pflichtfach Ethik ab der siebten Klasse unterrichtet, Religionsunterricht kann zusätzlich freiwillig besucht werden. Bei einem Erfolg der Initiative „Pro Reli“, die von den großen Kirchen, dem Zentralrat der Juden und Muslimverbänden unterstützt wird, würden Schüler künftig zwischen Ethik und Religion wählen.

Die beiden großen Kirchen in Berlin haben dazu aufgerufen, am Sonntag beim Volksentscheid über den Religionsunterricht mit „Ja“ zu stimmen. Der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky und der Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber postierten mit meterhohen Buchstaben vor dem Brandenburger Tor und gaben sich bildhaft das JA-Wort.
Mit Blick auf eine Äußerung des Berliner Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, er wolle die Kirchen als Partner nicht verlieren, erklärte Kardinal Sterzinsky: „Wenn die Kirchen Partner sein sollen, müssen sie es auf gleicher Augenhöhe sein.“ Seit 15 Jahren bemühen sich die Kirchen und ihre Bischöfe darum, dass Religion ordentliches Lehrfach wird.
Stefan Förner, Pressesprecher des Erzbistums Berlin, ergänzt im Gespräch mit dem Domradio:
„Die evangelische Kirche hat dies in ihrem Staatsvertrag mit dem Land Berlin ausdrücklich als abweichende Position festgehalten. Die katholische Kirche hat aus diesem Grund keinen Staatsvertrag mit dem Land Berlin geschlossen, weil sie gesagt haben, das muss erst geklärt werden. Wir wollen den Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach in einer Fächergruppe, in der man zwischen unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen wählen kann, verankert wissen. Dann können wir auch auf dieser Ebene Partner des Landes und der Politik sein.“
Der evangelische Bischof Wolfgang Huber hob hervor, Religion als ordentliches Lehrfach sei ein „zukunftsweisendes Modell“ und für die multikulturelle Stadt Berlin der richtige Weg, sagte Huber. Die Kampagne von „Pro Reli“ habe gezeigt, dass Religion in Berlin ein öffentliches Thema ist.
SPD, Linkspartei und die Grünen unterstützen zu großen Teilen die regierungsnahe Initiative „Pro Ethik“. Ethikunterricht soll ihrer Meinung nach verbindlich bleiben, damit alle Kinder eine gemeinsame Wertebasis vermittelt bekommen.

Auch Ethikbefürworter hätten gute Gründe, meint Bistumssprecher Förner.
„Sie sagen, wir müssen alle Kinder in einem Fach Ethik zusammenfassen, dass sie dort über unterschiedliche Begründungen ihrer Ethik, über unterschiedlich Gebräuche und Glaubensüberzeugungen miteinander ins Gespräch kommen.“
Das sei wichtig, aber: „Um überhaupt in Dialog treten zu können, muss jemand sprechen können. Das heißt, er muss über seine eigene Religion, seine religiösen Erfahrungen, seine Befindlichkeiten, über die Geschichte und womöglich auch über das, was kritisch an der eigenen Religion gesehen wird, sprachfähig sein. Er muss erst selbst diese Kompetenz erwerben.“

Auch deshalb unterstützt die jüdische Gemeinde die „Freie Wahl“ zwischen Ethik und Religion. Rabbinerin Gesa Edenberg: „Nur ein eigener Standpunkt, der gelernt ist, der diskutiert ist und verstanden ist, ist die Grundlage für Toleranz und Gemeinschaft in dieser Stadt, für ein wirklich vielfältiges und vielfarbiges Berlin.“
(rv/dr/pm 24.04.2009 bp)








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