Von 8. bis 15. Mai
besucht Benedikt XVI. das Heilige Land. Die Visite in Jordanien, Israel und den Palästinensergebieten
ist seine vielleicht wichtigste Reise bisher. In seiner Osterbotschaft hat der Papst
die Versöhnung im Nahen Osten als unerlässlich bezeichnet: Ohne Versöhnung keine Sicherheit
und kein Frieden. Die Christen im Heiligen Land sind eine kleine Minderheit, und sie
sind in vielfältigen Konfessionen an den Heiligen Stätten anwesend. Wie groß ist das
Thema Papstbesuch aus christlicher Sicht gut zwei Wochen vor dem Ereignis? Das wollte
Gudrun Sailer von Gabi Fröhlich wissen, unserer Radio-Vatikan-Korrespondentin in Jerusalem.
„Die ausländischen Christen, die ja auch ein Stück hierher gehören und fast
wie Einheimische sind, nämlich die Ordensleute und die vielen, die hier wohnen, unter
denen ist die Papstreise ein großes Thema. Bei den einheimischen Gläubigen, also den
vorwiegend arabischen Christen, sieht das schon ein bisschen anders aus. Langsam beginnt
man sich ein bisschen mehr mit der Idee anzufreunden, dass der Papst nun wirklich
kommt. Die Bedenken gab es, weil viele fürchten, dass die israelischen Programmpunkte
sehr im Vordergrund stehen, zum Beispiel Yad Vashem oder die Klagemauer - das sind
ja die großen Bilder, die wir noch von Papst Johannes Paul II. in Erinnerung haben.
Die Sorge war also: Wird der Papst auch deutliche Worte zum Konflikt finden. Wird
er etwas gegen den Mauerbau sagen. Wird er etwas sagen, dass 600 Checkpoints in Westjordanland
und um das Westjordanland herum sind, wo die Palästinenser große Schwierigkeiten haben,
sich von A nach B zu bewegen. Wird er etwas sagen gegen die Trennung der Familien,
Jerusalem und die Westbank, das ist großes Thema hier, dass die nicht mehr zusammen
kommen können. Wird er etwas sagen gegen die Tatsache, dass Kirchen ständig um die
Visa kämpfen müssen, die Araber sowieso, aber auch Westler sind betroffen. Die Leute
hier habne viele Probleme in dieser Richtung, ich sage das bewusst einmal aus ihrer
Perspektive heraus. Sie hoffen natürlich, dass der Papst engagiert für sie eintritt
und dass er vielleicht konkrete Verbesserungen für sie bringen wird, einfach dadurch,
dass er auch etwas besseres Wetter macht in den Beziehungen zwischen Kirche und Staat
Israel.“
Aber so ein entschiedenes Eintreten, so eine dezidierte politische
Botschaft würde doch auf der anderen Seite sicherlich nicht geschätzt werden?
„Das
kommt darauf an von wem. Im Heiligen Land gibt es nichts, was es nicht gibt. Man wird
hier die widersprüchlichsten Meinungen finden. Es gibt diese gewisse Hoffnung unter
Christen, dass der Papst eine politische Botschaft mitbringt, und zwar eine solche,
die ihre Perspektive einsteht. Ganz bestimmt kann er es nicht ganz so machen, wie
manche sich das hier erhoffen. Auf der anderen Seite würde die Kirche davon profitieren,
und auch die Christen davon profitieren, wenn der Papst in freundschaftlicher Weise,
auch mit Israel, einfach auf eine gute Stimmung kommt. Was die anderen Religionen
betrifft, da gibt es die jüdischen Gesellschaftsbereiche, die mit dem interreligiösen
Dialog beschäftigt sind. Das sind nicht viele, aber die sind natürlich für die Beziehungen
zur Kirche wichtig. Die erhoffen sich auch viel von dem Besuch. Genauso auf muslimischer
Seite. Und dann gibt es wider andere, die sehr dagegen sind, auch von jüdischer Seite.
Die sagen, der Papst sei eine persona non grata. Da gab es einen Professor einer Universität
hier, der in den Medien sehr zitiert wurde, weil er fürchtet, dass einfach die jüdischen
Ansprüche auf Jerusalem unterminiert werden könnten, wenn der Papst hier als großer
Gast auftritt, der im Namen der Christen fast etwas wie ein Anrecht auf diese Stadt
hat. Oder die Muslime in Nazareth: Eine kleine Gruppe von ihnen hat Zettel verteilt,
auf denen dem Papst gesagt wurde, er soll sich erst für die Regensburger Rede entschuldigen,
bevor er kommt. Da gibt es also viel Widersprüchliches.“
Das Programm Papst
Benedikts in Israel lehnt sich ja weitgehend an das von Papst Johannes Paul II. im
heiligen Jahr 2000 an. Aber nicht ganz. Kann man von diesen Abweichungen ersehen,
welche Schwerpunkte der Heilige Stuhl mit dieser Reise von Papst Benedikt setzen möchte?
„Der
Schwerpunkt liegt diesmal ganz eindeutig auf der Begegnung mit den einheimischen Gläubigen.
Das wird hier von den Kirchenvertretern vor Ort auch immer wieder betont. Damit geht
man auf die Sorgen der einheimischen Christen ein, dass es wieder sein könnte wie
2000. Aus der Sicht der einheimischen Gläubigen nämlich war die Reise von Papst Johannes
Paul II., der Besuch hier, nicht der Riesenerfolg, wie wir das vielleicht vom Ausland
her wahrgenommen haben oder die israelische Öffentlichkeit es auch wahrgenommen hat.
Die einheimischen Christen haben gesagt, er kam, wir haben ihn kaum gesehen, und fünf
Monate später brach Intifada aus und alles war schlimmer als zuvor. Das heißt, man
hat in dem Programm einige Änderungen vorgenommen, wie zum Beispiel, dass es jetzt
drei große Messen mit Begegnungen mit der Bevölkerung in Bethlehem wie im Jahre 2000
gibt, das ist gleich geblieben, aber auch in Jerusalem. Damals gab es keine Messe
in Jerusalem, da wird jetzt unterhalb von Getsemani ein großes Gelände der Franziskaner
extra für die Messe vorbereitet. Und es gibt eine große Messe in Galiläa, diesmal
nicht am See, abseits von der Bevölkerung, sondern im arabischen Nazareth. Auch das
ist ganz bewusst gewählt worden, das Heiligtum schlechthin, Nazareth in Galiläa, und
das, wo die meisten Christen leben. Und dort soll die allergrößte Messe mit mehreren
10.000 Gläubigen sein. Man legt ein ganz großes Gewicht auf den Besuch bei den Christen
im Heiligen Land.“ (rv 23.04.2009 gs)