Kompetenzgerangel und Wahlrechtsfragen sorgen für Spannungen zwischen der Zürcher
Kantonalkirche und der Bistumsleitung in Chur. Bischof Vitus Huonder hat die Kantonsregierung
auf rechtliche Ungereimtheiten in der neuen Kirchenordnung hingewiesen, über welche
die Katholiken Zürichs Ende September abstimmen. Der Zürcher Regierungsrat hat den
Brief Huonders an die katholische Körperschaft weitergeleitet. Bezüglich der Wahl
der Gemeindeleiter erhalte der Bischof seine Rechte. Diese würden aber bei der Wahl
des Pfarradministrators beschnitten, erklärte der Sprecher der katholischen Kirche
Zürich gegenüber der Nachrichtenagentur kipa. Bischof Huonder erklärt in seinem Brief,
die neue Kirchenordnung widerspreche in zwei Punkten dem katholischen Kirchenrecht
und sei in einem Punkt verfassungswidrig. Ein strittiger Punkt ist die in der Kirchenordnung
vorgesehene Wahl der Gemeindesleiter. Weder im kirchenrechtlichen noch im staatskirchenrechtlichen
Sinn könnten Gemeindeleiter und Gemeindeleiterinnen als Pfarrer gelten. Das geschichtlich
gewachsene Privileg der Volkswahl der Pfarrer könne darum auf Gemeindeleiter nicht
angewendet werden. Die Betroffenen selber würden der geplanten Wahl „nicht nur positiv“
gegenüber stehen. Solche Verfahren seien auch „Gelegenheit für Druckausübung“. Huonder
beklagt in seinem Brief an den Zürcher Regierungsrat, dass die Zentralkommission,
ursprünglich „als Repräsentant der Katholiken ohne bedeutende finanzielle Kompetenzen
ausgestattet“, immer mehr Rechte erhalte. Die neue Kirchenordnung baue die landeskirchlichen
Strukturen weiter aus. Mit der Ausweitung des Pfarrwahlrechts auf Laien, die eine
Gemeindeleiterfunktion wahrnehmen wollen, verstosse die neue Kirchenordnung gegen
das gültige Gesetz der katholischen Kirche. Auch die geplante Einführung der Wahl
der Pfarradministratoren sei mit dem kanonischen Recht nicht vereinbar. - Bezüglich
des „Kirchenaustritts“ macht Huonder in der neuen Kirchenordnung eine „Verfassungswidrigkeit“
aus. Die Kirchenordnung setzt fest, dass jede Person Mitglied der kantonalen kirchlichen
Körperschaft und einer Kirchgemeinde sei, die „nicht ausdrücklich ihren Austritt oder
ihre Nichtzugehörigkeit zur Kirche erklärt“ habe. Das Bundesgericht habe aber in seinem
Entscheid vom November 2007 ausführlich begründet, dass es verfassungswidrig sei,
wenn staatskirchenrechtliche Organe verlangten, dass ein Austrittswilliger auch ausdrücklich
erklären müsse, „nicht mehr der römisch-katholischen Konfession, Kirche oder Religionsgemeinschaft
anzugehören“. Die Kantonsregierung müsse gemäss neuem Kirchengesetz die Kirchenordnung
nicht bloss auf ihre Gesetzmässigkeit, sondern auch auf ihre „Übereinstimmung mit
der Verfassung“ überprüfen, betont Huonder in seinem Schreiben.