Papst: „Und wenn Franziskus nicht nach Rom gekommen wäre?“
Tausende von Franziskanern und Mitgliedern franziskanischer Gemeinschaften waren an
diesem Samstag beim Papst. In Assisi haben sie in diesen Tagen den 800. Jahrestag
ihrer Ordensregel gefeiert; der heilige Franz von Assisi hatte sich seine Grundsätze
in Rom von Papst Innozenz III. bestätigen lassen. Im Hof seiner Sommerresidenz Castelgandolfo
bei Rom bedankte sich Papst Benedikt bei der „Franziskanischen Familie“ für ihre Arbeit
in Kirche und Welt – und dafür, dass „ihr zum „Herrn Papst“ gekommen seid, wie euer
Gründer gesagt hätte“.
„Mir drängt sich spontan eine Überlegung auf: Hätte
es denn auch sein können, dass Franziskus nicht zum Papst gegangen wäre? In seiner
Zeit haben sich doch viele religiöse Gruppen und Bewegungen gebildet, und einige davon
stellten sich auch gegen die Kirche als Institution oder suchten zumindest nicht um
ihre Bestätigung nach. Eine polemische Haltung zur Hierarchie hätte Franziskus sicher
nicht wenige Anhänger eingebracht. Er aber hat sich gleich aufgemacht, um seinen und
seiner Gefährten Weg in die Hände des Bischofs von Rom zu legen, des Petrus-Nachfolgers.
Diese Tatsache zeugt von seinem authentischen, kirchlichen Geist. Das kleine „Wir“,
das er mit seinen ersten Brüdern gebildet hatte, schrieb er von Anfang an ins große
„Wir“ der einen, universellen Kirche ein.“
Diese kirchliche Einstellung habe
Papst Innozenz zu würdigen gewußt, räsonnierte Benedikt. Schließlich, so führte er
sein Gedanken-Experiment fort, „hätte ja auch der Papst das Lebensprojekt des Franziskus
auch nicht approbieren können“.
„Wir können uns doch gut vorstellen, dass unter
den Mitarbeitern von Innozenz III. auch einer war, der ihm von der Approbation abriet
– etwa aus der Furcht, dass diese Gruppe zu sehr anderen häretischen Armutsbewegungen
der Zeit ähnelte. Stattdessen aber wußte der Papst, der gut beraten war, die Initiative
des Heiligen Geistes zu erkennen, und er segnete und ermutigte die entstehende Gemeinschaft
der Minderen Brüder...“
Papst Benedikt erinnerte an die Vision, die der heilige
Franziskus in San Damiano hatte, als er die Stimme Jesu hörte: “Franziskus, geh und
bau mein Haus wieder auf!”
„Geht auch ihr und baut weiterhin das Haus des Herrn
Jesus Christus, seine Kirche wieder auf! In den letzten Tagen hat das Erdbeben in
den Abruzzen viele Kirchen schwer beschädigt, und ihr aus Assisi wißt gut, was das
bedeutet. Aber es gibt eine andere Zerstörung, die noch viel schlimmer ist: die der
Menschen und der Gemeinschaften! Fangt wie Franziskus immer bei euch selbst an. Wir
selbst sind das erste Haus, das Gott wieder aufbauen will...“