Muss, soll oder darf
ein rechtgläubiger Katholik Juden missionieren? Diese Frage haben wir vor zwei Monaten
im Zug der Debatten um die Piusbruderschaft jenem Mann gestellt, der am Vatikan für
die Beziehungen mit dem Judentum zuständig ist: P. Norbert Hofmann, Sekretär der entsprechenden
Kommission am Päpstlichen Einheitsrat. Wie wiederholen hier aus aktuellem Anlass P.
Hofmanns Aussage:
„Natürlich sind wir als Christen eingeladen, das Evangelium
zu verkünden, wem auch immer. Ungelegen oder gelegen, zu jeder Zeit und jedem Menschen.
Aber man muss differenzieren zwischen einem Streben, die Juden bewusst bekehren zu
wollen und der Verkündigung des Evangeliums an alle Menschen. Kardinal Kasper betont
immer wieder, dass es in der katholischen Kirche keine eigene Institution gibt zur
Bekehrung der Juden. Wenn wir im interreligiösen Dialog, im jüdisch-christlichen Gespräch,
diese Intention hätten, könnten wir diesen Dialog vergessen. Ziel dieses Dialogs ist
die gegenseitige Bereicherung. Man anerkennt sich in der jeweiligen religiösen und
theologischen Tradition. Man tauscht sich aus über Dinge, die man gemeinsam hat, gemeinsame
Werte. Aber es kann doch nicht darum gehen, dass der eine den anderen überzeugt zu
konvertieren, also die Religion zu wechseln. Es geht darum, zusammenzuarbeiten für
Frieden und Gerechtigkeit in der Welt. Man muss differenzieren zwischen einer bewussten
Mission der Juden und der Verkündigung des Evangeliums an alle Menschen, die Einladung
an alle Menschen, Jesus Christus als den Retter aller Menschen anzuerkennen."
Das
ist eigentlich die Position der katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen
Konzil - unverändert seit mehr als 40 Jahren.
„Ja. Auf dem zweiten Vatikanischen
Konzil wurde diese Konzils-Erklärung „Nostra Aetate“ formuliert. „Nostra Aetate“ ist
eine abgrundtiefe Ablehnung des Antisemitismus, ganz gleich wie er daher kommt, und
ein dezidiertes Ja zu den jüdischen Wurzeln des Christentums. Mit „Nostra Aetate“
haben wir uns in den jüdisch-christlichen Dialog begeben. Wie gesagt, das Ziel ist
Respekt, Toleranz, sich gegenseitig bereichern, Zusammenarbeit für Frieden und Gerechtigkeit.
Es geht nicht darum, dass wir eine Einheit - Juden und Christen - finden müssen. Die
gibt es am Ende der Tage, wenn der Herr wiederkommt. Sei es nun Jesus Christus, der
Wiederkommende, oder der Messias, den die Juden erwarten.“