Italien: „Geistlicher Beistand darf nicht mit Kirchen einstürzen“
Bei den jüngsten Erdbeben
in der italienischen Region Abruzzen sind auch zahlreiche Gotteshäuser und Pfarreien
zerstört worden. In den Trümmern versuchen Seelsorger und Ordensleute den Betroffenen
Beistand zu leisten. Denn auch die dritte Nacht seit Beginn der Beben mussten Zehntausende
im Freien verbringen. Allein in den Zeltstädten nahe der am meisten betroffenen Stadt
L’Aquila nächtigten rund 18.000 Personen. Neusten Angaben zufolge sind es insgesamt
28.000 Menschen, die durch die Beben obdachlos geworden sind. Darunter ist auch Pater
Mauro, der Seelsorger der Kirchengemeinde Sankt Elias in L’Aquila, die durch das Beben
komplett zerstört wurde. Doch gerade jetzt bräuchten die Menschen einen geistlichen
Zufluchtsort, sagte er gegenüber Radio Vatikan:
„Ich habe wie alle anderen
Gemeindemitglieder die letzten Nächte im Auto geschlafen. Ab morgen wird mir ein kleiner
Wohnwagen zur Verfügung gestellt, damit die Kirche so vorläufig wieder allen als Anlaufstelle
bereit steht. Ich bleibe hier in meiner Pfarrei und werde sie solange nicht verlassen,
bis auch nicht das letzte Gemeindemitglied die Stadt verlassen hat. Ich versuche,
so gut es geht, für die Leute da zu sein und auch in den Zeltstädten in der Nähe behilflich
zu sein. Der Erzbischof von L’Aquila, Giuseppe Molinari, hat uns gebeten, dort präsent
zu sein, weil die vielen verzweifelten Menschen unseren Beistand brauchen. Ich glaube
auch, dass die Anwesenheit eines Pfarrers viel leisten kann, etwa durch ein tröstendes
Wort, eine Umarmung oder einfach nur dadurch, dass er da ist und zuhört.“
Angesichts
der Katastrophe sei es jedoch selbst für einen Priester nicht immer einfach, die passenden
Worte zu finden.
„Viele stellen mir Fragen wie “Kann es überhaupt einen
Gott geben, wenn so etwas Schreckliches passiert?“ Und es ist nicht leicht, darauf
zu antworten!“
Auf der anderen Seite habe ihn der Zusammenhalt und die
Hilfsbereitschaft der Menschen bestärkt, sagt Pater Mauro. Der Glaube dürfe nicht
auch noch unter den Trümmern begraben werden. Deshalb wolle er in der Karwoche und
an Ostern auf dem Kirchplatz vor Sankt Elia die Messe feiern:
„Wir werden
weiter als Kirche hier lebendig sein. Ich sage allen, die ich treffe, dass wir weiterhin
die Messe feiern, zwar nicht in der Kirche, aber im Freien auf dem Platz davor. Denn
ich glaube, wenn auch die Häuser einstürzen können, so darf doch der Glaube nicht
mit ihnen einstürzen, vor allem in Momenten wie diesem. Ich habe versucht, das Nötigste
für die Messfeiern aus den Trümmern zu retten – wobei ich ziemlich viel Angst hatte
– um wenigstens Ostern feiern zu können. ... Wir werden zwar nicht viel haben, aber
wir vergessen Ostern nicht. Und dieses Jahr soll es mehr denn je ein Ostern der Wiederauferstehung
sein.“
Die Zahl der Erdbebentoten in den Abruzzen ist inzwischen auf 279
gestiegen. Am Donnerstagmorgen war auch Staatspräsident Giorgio Napolitano in
L’Aquila eingetroffen, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Dabei ist er
unter anderem mit Erdbebengeschädigten zusammengetroffen. Sichtlich bewegt sprach
der Staatspräsident nach einem Besuch in der Totenhalle den Angehörigen der Opfer
sein Mitgefühl aus. Auch dankte er den Rettungskräften und Helfern für ihre außerordentliche
Éinsatzbereitschaft. – Nach dem Beben von Sonntagnacht werden weiterhin 40 Personen
vermisst. Die Hoffnung, Menschen noch lebendig zu bergen, sinkt stündlich. Schwere
Nachbeben behindern zudem die Arbeit der Rettungskräfte. Trotz allem geht die Suche
nach Überlebenden weiter. Die Bergungsmannschaften werden noch bis Ostersonntag im
Einsatz sein, teilte das Innenministerium am Mittwochabend mit.