Die Bischöfe Europas
haben an diesem Dienstag zur Hilfe für die Erdbebenopfer in Mittelitalien aufgerufen.
Europa müsse jetzt ein „Zeichen der Hoffnung“ für die Menschen sein, die binnen eines
Augenblicks so viel verloren hätten, erklärte der Vorsitzende des Rats der Europäischen
Bischofskonferenzen, Kardinal Peter Erdö, in Budapest. Wer auch nur die geringste
Möglichkeit habe, solle Zeichen der Solidarität oder finanzielle Hilfen geben. Kirchliche
und andere Hilfsorganisationen stünden dafür bereit.
Die Zahl der Toten nach
dem verheerenden Erdbeben in Mittelitalien ist am Dienstagnachmittag auf 207 gestiegen.
Nach Angaben des Koordinierungszentrums der Rettungsmannschaften wurden mehr als 30
Stunden nach dem Beben 5,8 bis 6,2 noch 34 Menschen vermisst. Etwa 40 Todesopfer sind
noch nicht identifiziert. 1500 Menschen sind verletzt und rund 17.000 obdachlos, 10.000
allein in der Regionshauptstadt L’Aquila nahe dem Epizentrum. Zahlreiche Nachbeben
erschweren die Rettungs- und Bergungsarbeiten. Seit dem starken Erdstoß am frühen
Montagmorgen wurden etwa 280 Nachbeben gezählt, das kräftigste erreichte am Dienstag
die Stärke 4,8. Das Beben ist das folgenschwerste in Italien seit 1980.
Mehr
als 5.000 Helfer aus dem ganzen Land sind seit Montag in den Abruzzen im Einsatz.
Darunter acht Feuerwehrleute des Vatikanstaats. Der Kommandant der Vatikanischen Gendarmerie,
Domenico Giani, sagte gegenüber Radio Vatikan:
„Noch in der Nacht, sobald
wir von dieser enormen Tragödie erfahren haben, habe ich mit unseren Oberen gesprochen,
mit Bischof Boccardo und Kardinal Layolo; wir haben das Sekretariat des Papstes informiert,
das Staatssekretariat... In diesem schmerzhaften Moment haben wir es als unsere Pflicht
gesehen, dass auch die Feuerwehr des Vatikanstaats einen Beitrag leistet. Auch wenn
der eher symbolisch ist – gemessen am Ausmaß der Katastrophe und der Zahl der Helfer
des Zivilschutzes –, wir wollen in dieser großen Not da sein und unsere Hilfe anbieten.
Das ist auch eine moralische Unterstützung für die Menschen die leiden – im Namen
des Papstes.“
Das Dorf Onna mit wenigen hundert Einwohnern in der Nähe
von L'Aquila wurde durch das Erdbeben nahezu von der Landkarte gelöscht. Paolo De
Angelis, Chef der päpstlichen Feuerwehr, berichtet aus Onna:
„Die Lage ist
katastrophal. Der Ort ist zerstört, allein hier haben die Hilfskräfte 40 Leichen aus
den Trümmern geborgen. Wir arbeiten mit den italienischen Feuerwehrleuten zusammen,
wir überprüfen die Statik der Häuser, die stehen geblieben sind und begleiten auch
die Überlebenden in die Trümmer ihrer Häuser, um in kurzer Zeit und streng überwacht
das wichtigste Hab und Gut sicher zu stellen. Die Bevölkerung hat unsere Ankunft als
großes Zeichen der Solidarität gewertet. Die Menschen brauchen hier jetzt Trost und
Unterstützung jeder Art, ihnen wurde ja alles entrissen. Diese Geste der Solidarität
seitens des Vatikanstaats bedeutet für uns sehr viel – persönlich wie beruflich.“
Viele
Menschen ohne Obdach verbrachten bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt die
Nacht in ihren Autos, an der nahe gelegenen Adria-Küste haben Hotels für die Erdbebenopfer
geöffnet. Tommaso Della Longa, Sprecher des Sonderkommandos des Roten Kreuzes, begleitet
seit Montagmorgen die Menschen, die in Aquila geblieben sind.
„Die Stadt
schien, als sei sie soeben massiv bombardiert worden. In ausgewiesenen Korridoren
patrouillierte die Polizei, leider auch auf der Jagd nach Plünderern. Es war eine
Geisterstadt. In der letzten Nacht hat mich die Stärke der Menschen und ihr Stolz
berührt. Bei aller Verzweiflung haben viele versucht, so nah als möglich bei ihren
Häusern zu schlafen. Viele haben so eine Würde ausgestrahlt, die hat mich vielleicht
mehr als alles angerührt.“
Die katholische Kirche, Hilfsorganisationen
und Politiker weltweit haben zu Spenden für die Region aufgerufen. 50.000 Euro kommen
aus einem der ärmsten Länder Europas - Albanien hat Soforthilfe angekündigt. Die NATO
steht bei Bedarf bereit zum Hilfseinsatz, und der Iran will sich für Solidarität und
die Hilfe italienischer Soldaten nach dem Erdbeben von 2003 revanchieren.