Pax Christi zu Obamas Abrüstungsinitiativen: „Das ist ein Kairos!“
Auf seiner ersten
Europa-Reise hat der neue US-Präsident Barack Obama von einer atomwaffenfreien Welt
geträumt. Und bei einem ersten Treffen mit dem russischen Präsidenten kündigte Obama
auch schon eine neue Runde von Abrüstungsgesprächen an. Rückt die atomwaffenfreie
Welt in Reichweite? Das fragten wir den Vizepräsidenten der katholischen deutschen
Friedensbewegung Pax Christi, Johannes Schnettler.
„Das ist im wahrsten
Sinne des Wortes ein christlicher Kairos! Wir haben von Pax Christi immer wieder diese
politische Forderung erhoben, und nun vertritt der mächtigste Mann der Welt - oder
der Führer der mächtigsten Nation der Welt – diese Forderung. Ich kann nur für Pax
Christi sagen, dass wir diesen Augenblick immer gewollt haben; jetzt ist er da, und
wir müssen nun sehen, dass wir das auch in politische Initiativen umsetzen können.“ Obama
will außerdem die friedliche Nutzung der Atomenergie ausweiten. Von dieser ist es
zur militärischen Nutzung allerdings nur ein kurzer Weg, und nicht immer ist es da
leicht, zu unterscheiden. Ist diese Initiative also nicht zu gefährlich, ja blauäugig?
„Wir
haben ja schon immer diese Kritik gehabt; die Forderung nach einer atomwaffenfreien
Welt musste sich immer schon mit der Tatsache auseinandersetzen, dass die Atombombe
da ist, und wenn wir auf diese Waffe verzichten, wissen wir alle und weiß die Menschheit
weiterhin, wie Atomwaffen hergestellt werden. Insofern müssen wir mit der Bombe leben
– aber dieses Leben muss reguliert sein. Ich erinnere an das Zweite Vatikanische Konzil
und an (die Enzyklika) „Pacem in terris“, die eindeutig den Besitz und den Einsatz
von Massenvernichtungswaffen verurteilt haben. Es darf um Gottes willen nicht sein,
dass Menschen Kriege führen; aber es darf auch um Gottes willen nicht sein – und da
sind „Pacem in terris“ und das Zweite Vatikanische Konzil eindeutig – dass Massenvernichtungsmittel
eingesetzt werden, die in der Folge die Menschheit vernichten!“ Wie Sie selbst
sagen, verschwindet das Wissen um die Bombe ja nicht mit ihrer Vernichtung. Die Gefahr
bliebe also latent immer da. Wie kommt man dann zu einem Gleichgewicht? Wie weit kann
man gehen, ohne sich über den Tisch ziehen zu lassen – und ohne dass die Gefahr sich
dann de facto doch erhöht, dass auf einmal irgendwelche Verrückte sich die Bombe basteln?
„Wir
müssen natürlich sehen, warum die Nationen, die jetzt im Besitz von Atomwaffen sind,
zu diesen Waffen gegriffen haben. Hinter jedem Atomwaffenbesitz steht die Erfahrung
von Bedrohung. Diese Bedrohung muss weltweit abgebaut werden. Das heißt: Die Initiative,
die Obama jetzt ergreift, geht ja einher mit dem Dialog aller mit allen, und der Westen
muss hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Wenn der Westen in der Lage ist, zu sagen:
Wir als hochgerüstete und atomare Weltmacht machen den ersten Schritt und rüsten unser
Potential ab, wir ergreifen vertrauensbildende Maßnahmen mit Blick auf den Iran und
auch auf Nordkorea – dann wird sich die Frage nach der Bedrohung dieser einzelnen
Staaten in ein anderes Licht stellen, und der internationale Druck, ihrerseits jetzt
auch auf die Atomwaffen zu verzichten, wird größer werden.“ (rv 06.04.2009
sk)