Der Heilige Stuhl
wundert sich über das belgische Parlament, das in einer offiziellen Note die jüngste
Äußerungen Papst Benedikts über Kondome als „inakzeptabel“ bezeichnete. Die belgische
Regierung solle offiziell beim Heiligen Stuhl protestieren, heißt es in einer Entschließung,
die das Abgeordnetenhaus Donnerstag Abend nach langer Debatte mit großer Mehrheit
verabschiedete. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in einer Erklärung:
„Die
Entschließung des belgischen Abgeordnetenhauses ruft Verwunderung hervor, denn in
jedem demokratischen Land scheint die Freiheit des Heiligen Vaters und der katholischen
Kirche offensichtlich, ihre Positionen darzulegen über Themen, die mit der Sicht auf
den Menschen und seine moralische Verantwortung zusammenhängen, mit dem Einsatz für
Bildung, mit dem Dienst an Kranken und Leidenden. Die lange Tradition und Erfahrung
der Kirche in den Bereichen Bildung und Gesundheitswesen sind gerade in den ärmeren
Ländern so offensichtlich, dass sie keine Nachweise oder Kommentare brauchen. Es fragt
sich auch, ob die Positionen des Heiligen Vaters mit der nötigen Aufmerksamkeit und
Seriosität geprüft wurden, oder eher durch einen nicht objektiven Filter des Echos
in westlichen Medien.“
Die belgischen Bischöfe erklärten, sie akzeptierten
den „demokratischen Charakter“ dieser Entscheidung, bedauerten aber ihren Inhalt.
„Sie nimmt nicht in den Blick, was Benedikt XVI. wirklich ausdrücken wollte“, heißt
es in einer Mitteilung der Bischofskonferenz. Ohne eine Erziehung zur sexuellen Verantwortung
blieben die anderen Mittel der Aids-Prävention „ungenügend“. „Wir hoffen, dass sich
vor Ostern diese emotionale Polemik beruhigt. Was unser Land und Afrika vor allem
braucht, ist ein gelassenes Nachdenken über alle Mittel, die im Kampf gegen eine Ausbreitung
der Seuche Aids anzuwenden sind“, so die Bischöfe.
Das Parlament hatte die
Resolution fraktionsübergreifend und mit großer Mehrheit angenommen: 95 Abgeordnete
stimmten dafür, 18 dagegen, 7 enthielten sich. Die Hintergründe des Votums erklärt
der Sprecher der belgischen Bischofskonferenz, Eric de Beukelaer, der vor der Abstimmung
gegen die Note protestiert hatte:
„Die christlich-demokratischen Parteien,
die nicht hinter der Initiative standen, haben keine Mehrheit im Parlament. Sie standen
vor dem Dilemma einer Erklärung, die ursprünglich viel radikaler war. Da sollte der
Apostolische Nuntius Karl-Josef Rauber einbestellt und erklärt werden, dass die Aussagen
des Papstes zu Kondomen und Aids „unverantwortlich und gefährlich“ waren. Die Resolution,
die jetzt vorliegt, ist gemäßigter. Hier nutzt man die Mittel der gewöhnlichen Diplomatie
über den belgischen Botschafter am Heiligen Stuhl, der ein Zeichen des Protestes deponieren
und sagen soll, dass Belgien nicht hinter diesen Äußerungen des Papstes steht. Immerhin,
das ist ein anderer Ton, und infolge dieses Kompromisses haben alle Parteien zugestimmt.“
Der Protest war von zwei liberalen Abgeordneten ausgegangen. Belgische
Medien zitieren sie mit der Aussage, der Papst habe „kein Recht, gesundheitspolitische
Maßnahmen in Zweifel zu ziehen, die jeden Tag Tausende Menschenleben retteten“. Belgien
sei die erste Nation, die auf offiziellem Weg protestiere. Die politische Geste der
Verurteilung der Papst-Aussagen umso gewichtiger, da es sich um „ein katholisches
Land mit einem christdemokratischen Premierminister“ handle. Unterdessen erwägen die
schwedischen Liberalen, dem Beispiel der belgischen Parteifreunde zu folgen und eine
ähnliche Initiative in Stockholm zu starten. Benedikt XVI. hatte bei seiner Afrika-Reise
vor rund zwei Wochen gesagt, das Aids-Problem lasse sich nicht "durch die Verteilung
von Kondomen regeln", vielmehr verschlimmere ihre Benutzung das Problem. Die Äußerungen
hatten international Kritik hervorgerufen. (rv/diverse 03.04.2009 gs)