Vatikan: Priestermangel in manchen Regionen besorgniserregend
Der Priestermangel in der katholischen Kirche ist nach Worten von Papst Benedikt XVI.
in manchen Weltregionen „besorgniserregend“. Dennoch sei dies kein Anlass zur Entmutigung,
denn auch heute gebe es viele Priesterberufungen sowie die „unerschütterliche Gewissheit“,
dass Gott seine Kirche sicher durch die Geschichte führe. Das betonte der Papst in
seinem am Dienstag veröffentlichten Schreiben zum 46. Weltgebetstag für Berufungen
zum Priestertum und Ordensleben, der am 3. Mai 2009 begangen wird. Der Welttag steht
unter dem Motto: „Das Vertrauen in die Initiative Gottes und die menschliche Antwort.“
Nach letzten vatikanischen Angaben gibt es weltweit 408.024 Priester. Nach mehrjährigem
Rückgang stiegen die Priesterzahlen wieder an. (rv/kna 31.03.2009 mg)
Lesen
Sie hier im Wortlaut die Botschaft des Heiligen Vaters zum 46. Weltgebetstag um geistliche
Berufungen 3. MAI 2009 – 4. SONNTAG DER OSTERZEIT Thema: »Das Vertrauen
in die Initiative Gottes und die menschliche Antwort« Verehrte Mitbrüder im
Bischofs- und im Priesteramt, liebe Brüder und Schwestern!
Anläßlich des
kommenden Weltgebetstages um Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben, der
am 3. Mai 2009, dem vierten Sonntag der Osterzeit, begangen wird, möchte ich das ganze
Gottesvolk dazu einladen, über folgendes Thema nachzudenken: Das Vertrauen in die
Initiative Gottes und die menschliche Antwort. In der Kirche ist stets die Mahnung
Jesu an seine Jünger zu vernehmen: »Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für
seine Ernte auszusenden« (Mt 9,38). Bittet! Der eindringliche Aufruf des Herrn
macht deutlich, daß das Gebet für die Berufungen unablässig und voll Vertrauen sein
muß. Nur wenn sie vom Gebet beseelt ist, kann die christliche Gemeinschaft nämlich
wirklich »mit mehr Glauben und Hoffnung auf die Initiative Gottes vertrauen« (Nachsynodales
Apostolisches Schreiben Sacramentum caritatis, 26). Die Berufung zum Priestertum
und zum geweihten Leben ist ein besonderes göttliches Geschenk, das sich in den großen
Liebes- und Heilsplan einfügt, den Gott für jeden Menschen und für die gesamte Menschheit
hat. Der Apostel Paulus, dessen wir ganz besonders jetzt im Paulusjahr anläßlich des
2000. Jahrestages seiner Geburt gedenken, sagt im Brief an die Epheser: »Der Gott
und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes
gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns
erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott«
(Eph 1,3-4). Innerhalb der allgemeinen Berufung zur Heiligkeit tritt die besondere
Initiative Gottes hervor, durch die er einige dazu auserwählt, seinem Sohn Jesus Christus
enger nachzufolgen und dessen bevorzugte Diener und Zeugen zu sein. Der göttliche
Meister berief persönlich die Apostel, »die er bei sich haben und die er dann aussenden
wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben« (Mk 3,14-15);
sie haben ihrerseits andere Jünger in ihren Kreis aufgenommen, treue Mitarbeiter im
missionarischen Dienst. Und so haben im Laufe der Jahrhunderte unzählige Priester
und Personen des geweihten Lebens in Antwort auf den Ruf des Herrn und in Bereitschaft
gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes sich in der Kirche ganz in den Dienst des
Evangeliums gestellt. Wir wollen dem Herrn danken, der auch heute weiter Arbeiter
in seinen Weinberg beruft. Wenn es tatsächlich in einigen Regionen der Erde einen
besorgniserregenden Priestermangel gibt und Schwierigkeiten und Hindernisse den Weg
der Kirche begleiten, so trägt uns doch die unerschütterliche Gewißheit, daß der Herr
sie auf den Pfaden der Geschichte sicher führt bis hin zur endgültigen Vollendung
des Gottesreiches. Frei erwählt er Personen jeder Kultur und jeden Alters gemäß den
unergründlichen Plänen seiner barmherzigen Liebe und lädt sie in seine Nachfolge ein.
Unsere erste Pflicht ist es daher, diesen Ruf der göttlichen Initiative in den
Familien und in den Pfarreien, in den Bewegungen und in den apostolisch tätigen Verbänden,
in den Ordensgemeinschaften und in allen Gliederungen des diözesanen Lebens durch
das unablässige Gebet lebendig zu erhalten. Wir müssen beten, daß das ganze christliche
Volk im Vertrauen auf Gott wachsen möge – in der Überzeugung, daß der »Herr der Ernte«
nicht aufhört, manche zu rufen, ihr Leben aus freiem Willen dafür einzusetzen, enger
mit ihm am Heilswerk mitzuarbeiten. Und von seiten der Berufenen ist aufmerksames
Hören und kluges Unterscheiden gefordert, großherzige und bereitwillige Zustimmung
zum göttlichen Plan, ernsthafte Vertiefung dessen, was zur Berufung zum Priestertum
und zum Ordensleben gehört, um dem in verantwortlicher und überzeugter Weise zu entsprechen.
Der Katechismus der Katholischen Kirche erinnert zu Recht daran, daß die freie
Initiative Gottes die freie Antwort des Menschen verlangt: eine positive Antwort,
die immer voraussetzt, daß der Plan, den Gott mit einem jeden Menschen hat, angenommen
und geteilt wird; eine Antwort, die die Initiative der Liebe des Herrn aufgreift und
die für den Berufenen zum verbindlichen moralischen Anspruch wird, zur dankbaren Ehrerbietung
an Gott und zur völligen Mitwirkung am Plan, den er in der Geschichte verfolgt (vgl.
Nr. 2062). Wenn wir das Geheimnis der Eucharistie betrachten, das in höchstem Maße
das freie Geschenk zum Ausdruck bringt, das der Vater in der Person des eingeborenen
Sohnes für das Heil der Menschen gemacht hat, sowie die volle und fügsame Bereitschaft
Christi, den »Kelch« des Willens Gottes ganz zu leeren (vgl. Mt 26,39), dann
verstehen wir besser, wie »das Vertrauen in die Initiative Gottes« die »menschliche
Antwort« formt und ihr Wert verleiht. In der Eucharistie, dem vollkommenen Geschenk,
das den Liebesplan für die Erlösung der Welt umsetzt, gibt sich Jesus aus freiem Willen
für das Heil der Menschheit hin. »Die Kirche« – schrieb mein verehrter Vorgänger Johannes
Paul II. – »hat die Eucharistie von Christus, ihrem Herrn, nicht als eine kostbare
Gabe unter vielen anderen erhalten, sondern als die Gabe schlechthin, da es
die Gabe seiner selbst ist, seiner Person in seiner heiligen Menschheit wie auch seines
Erlösungswerkes« (Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, 11). Dieses Heilsgeheimnis
durch alle Jahrhunderte hindurch bis zur glorreichen Wiederkunft des Herrn fortzusetzen
ist die Bestimmung der Priester, die gerade im eucharistischen Christus das erhabene
Vorbild eines »Dialogs der Berufung« zwischen der freien Initiative des Vaters und
der vertrauensvollen Antwort Christi betrachten können. In der Feier der Eucharistie
handelt Christus selbst in jenen, die er sich als seine Diener erwählt; er stützt
sie, damit ihre Antwort sich in einer Dimension des Vertrauens und der Dankbarkeit
entfalten kann, die jede Angst vertreibt, auch wenn die Erfahrung der eigenen Schwachheit
stärker wird (vgl. Röm 8,26-30) oder wenn das Umfeld durch Unverständnis oder
sogar Verfolgung rauher wird (vgl. Röm 8,35-39). Das Bewußtsein, durch die
Liebe Christi gerettet zu sein, das jede Heilige Messe in den Gläubigen und besonders
in den Priestern nährt, muß in ihnen eine vertrauensvolle Hingabe an Christus hervorrufen,
der für uns sein Leben hingegeben hat. An den Herrn zu glauben und sein Geschenk anzunehmen
führt also dahin, sich ihm mit dankbarem Herzen anzuvertrauen und seinem Heilsplan
zuzustimmen. Wenn das geschieht, dann verläßt der »Berufene« gerne alles und begibt
sich in die Schule des göttlichen Meisters; dann beginnt ein fruchtbarer Dialog zwischen
Gott und dem Menschen, eine geheimnisvolle Begegnung zwischen der Liebe des Herrn,
der ruft, und der Freiheit des Menschen, der ihm in Liebe antwortet, während er in
seinem Herzen die Worte Jesu vernimmt: »Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe
euch erwählt und dazu bestimmt, daß ihr euch aufmacht und Frucht bringt und daß eure
Frucht bleibt« (Joh 15,16). Dieses Flechtwerk der Liebe aus göttlicher Initiative
und menschlicher Antwort ist auch und in wunderbarer Weise in der Berufung zum geweihten
Leben vorhanden. Das Zweite Vatikanische Konzil ruft in Erinnerung: »Die evangelischen
Räte der Gott geweihten Keuschheit, der Armut und des Gehorsams sind, in Wort und
Beispiel des Herrn begründet und von den Aposteln und den Vätern wie auch den Lehrern
und Hirten der Kirche empfohlen, eine göttliche Gabe, welche die Kirche von ihrem
Herrn empfangen hat und in seiner Gnade immer bewahrt« (Konstitution Lumen gentium,
43). Auch hier ist Jesus wiederum das Vorbild schlechthin für die vollkommene und
vertrauensvolle Zustimmung zum Willen des Vaters, auf das jede geweihte Person blicken
muß. Von ihm angezogen, haben von den ersten Jahrhunderten des Christentums an viele
Männer und Frauen Familie, Besitz, materielle Reichtümer und all das verlassen, was
aus menschlicher Sicht erstrebenswert ist, um Christus großherzig nachzufolgen und
kompromißlos sein Evangelium zu leben, das für sie zur Schule radikaler Heiligkeit
wurde. Auch heute beschreiten viele diesen anspruchsvollen Weg evangeliumsgemäßer
Vollkommenheit und verwirklichen ihre Berufung durch das Gelübde der evangelischen
Räte. Das Zeugnis dieser unserer Brüder und Schwestern in den Klöstern des kontemplativen
Lebens sowie in den Instituten und in den Kongregationen des apostolischen Lebens
erinnert das Gottesvolk an »jenes Geheimnis des Gottesreiches, das bereits in der
Geschichte wirksam ist, seine Vollendung aber im Himmel erwartet« (Nachsynodales Apostolisches
Schreiben Vita consecrata, 1). Wer kann sich für würdig halten, den priesterlichen
Dienst auf sich zu nehmen? Wer kann das gottgeweihtes Leben ergreifen, wenn er sich
dabei nur auf die menschlichen Fähigkeiten verläßt? Es ist gut, noch einmal zu betonen,
daß die Antwort des Menschen auf den göttlichen Ruf – wenn man sich bewußt ist, daß
Gott selbst die Initiative ergreift und daß er ebenso seinen Heilsplan zu Ende führt
– niemals die Form ängstlicher Berechnung des faulen Dieners annimmt, der aus Angst
das ihm anvertraute Talent in der Erde versteckte (vgl. Mt 25,14-30). Vielmehr
kommt sie durch eine bereitwillige Annahme der Einladung des Herrn zum Ausdruck –
wie bei Petrus, als er nicht zögerte, seinem Wort zu trauen und die Netze aufs neue
auszuwerfen, obwohl er die ganze Nacht gearbeitet hatte, ohne etwas zu fangen (vgl.
Lk 5,5). Ohne auch nur im geringsten auf die persönliche Verantwortung zu verzichten,
wird die freie Antwort des Menschen gegenüber Gott so zur »Mitverantwortung«, zur
Verantwortung in und mit Christus, kraft des Wirkens seines Heiligen
Geistes; sie wird zur Gemeinschaft mit Christus, der uns fähig macht, reiche Frucht
zu bringen (vgl. Joh 15,5). Die beispielhafte menschliche Antwort, voll
Vertrauen in die Initiative Gottes, ist das großherzige und vollkommene »Amen« der
Jungfrau von Nazaret, das diese mit demütiger und entschiedener Zustimmung zu den
Plänen des Höchsten gesprochen hat, die ihr vom himmlischen Boten mitgeteilt wurden
(vgl. Lk 1,38). Durch ihr bereitwilliges »Ja« konnte sie die Mutter Gottes
werden, die Mutter unseres Erlösers. Dieses erste »Fiat« mußte Maria später noch viele
weitere Male wiederholen, bis hin zum Höhepunkt der Kreuzigung Jesu, als sie »bei
dem Kreuz stand«, wie der Evangelist Johannes schreibt, und am schrecklichen Schmerz
ihres unschuldigen Sohnes teilhatte. Und eben vom Kreuz herab hat der sterbende Jesus
sie uns zur Mutter gegeben und hat uns ihr als Kinder anvertraut (vgl. Joh
19,26-27), als Mutter besonders der Priester und der geweihten Personen. Ihr möchte
ich alle anvertrauen, die den Ruf Gottes verspüren, sich auf den Weg zu machen zum
Priesteramt oder zum geweihten Leben. Liebe Freunde, werdet nicht mutlos angesichts
von Schwierigkeiten und Zweifeln; vertraut auf Gott und folgt Christus treu nach,
und ihr werdet Zeugen der Freude sein, die der innigen Vereinigung mit ihm entspringt.
In Nachahmung der Jungfrau Maria, die alle Geschlechter seligpreisen, weil sie geglaubt
hat (vgl. Lk 1,48), bemüht euch mit aller geistlichen Kraft, den Heilsplan
des himmlischen Vaters zu verwirklichen, indem ihr wie sie in eurem Herzen die Fähigkeit
bewahrt zu staunen und den anzubeten, der die Macht hat, »Großes« zu tun, denn sein
Name ist heilig (vgl. ebd. 1,49).