Religionen sollten
die Menschheit nicht spalten, sondern in einer Menschheitsfamilie zusammenführen.
So weit, so gut. Aber haben sie dazu überhaupt das nötige Rüstzeug? Darum ging es
jetzt bei einer Tagung in Rom, auf der sich ein Kardinal neben einem bekannten islamischen
Denker wiederfand. Das Christentum sei von seinem Wesen her völkerverbindend, meinte
der Patriarch von Venedig, Kardinal Angelo Scola, der sich sehr im Gespräch mit dem
Islam engagiert:
„Alle Menschen sind aus unserer Sicht ja Kinder desselben
Vaters, und alle sind in ihrem Wesen geeint – trotz der Unterschiede in Rasse, Volk,
Religion oder Kultur. Das Entscheidende am Christentum ist das Zeugnis: Jesus hat
ja sein Leben für das Heil aller Menschen gegeben.“ Auch der Islam sieht sich
als Religion universeller Brüderlichkeit, stimmte der muslimische Soziologe Khaled
Fouad Allam ein. Die Religionen müssten aber ihr einigendes Potential nicht nur im
Dialog ihrer Spitzenvertreter ausleben, sondern auf die Straßen tragen – hier liege
die Haupt-Herausforderung.
„Wenn wir gleich aus der Tür treten, laufen uns
Chinesen, Inder, Tamilen, Afrikaner, Araber, Latinos über den Weg. Wie kann ich das
für mein Leben fruchtbar machen? Dass das nicht nur ein zufälliges Begegnen bleibt?
Das geht doch nur durch einen Schul- und Ausbildungspakt: Wir müssen an die Schulen
ran! Da haben wir eine kollektive ethische Verantwortung.“ Nicht „Leben und
leben lassen” sei die eigentliche Toleranzformel, sondern gemeinsam Zeugnis geben,
damit die Menschheit ihr einigendes Band erkennt. Für einen Moment wurden bei den
Gesprächen in Rom die Umrisse gemeinsamer christlich-islamischer Schulen sichtbar,
die es in ferner Zukunft vielleicht einmal geben wird... (rv 27.03.2009 sk)