Österreich: Empfehlung der Ethikkommission umstritten
Keinen Grund für Neuerungen im Bereich der embryonalen Stammzellenforschung in Österreich
sieht Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll. Wie er am Dienstag vor Journalisten
betonte seien die Forschungsschwerpunkte in Österreich „weit weg“ von embryonaler
Stammzellenforschung. Dieser Bereich sei nur ein Teil dessen, was zu diskutieren sei.
Innerhalb der ÖVP sei das Thema stets kritisch gesehen worden. Er sehe derzeit keinen
Grund, von dieser Position abzuweichen, meinte der Vizekanzler. Eine Diskussion über
eventuelle Neuregelungen im Bereich der Bioethik werde zudem nicht vor dem Sommer
stattfinden, so Pröll.
Kritik an der Mehrheits-Position der Ethikkommission
kam auch von dem Behindertensprecher der österreichischen Volkspartei, Franz Jospeh
Huainigg. Eine solche Liberalisierung der Embryonenforschung stehe „argumentativ
auf äußerst schwankendem Boden“ und sei nicht zu verantworten, so Huainigg in der
Tageszeitung „Der Standard“. Die Forschung mit menschlich-tierischen Hybriden würde
in Großbritannien mit der Aussicht gerechtfertigt, Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer
heilen zu können, so Huanigg: „Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich derartige
Hoffnungen erfüllen könnten, gleich null“. So sei zum Beispiel die Gefahr der Bildung
von Tumoren „viel zu hoch“. Forschungsgelder sollten stattdessen in die adulte Stammzellenforschung
fließen.
Das Wiener katholische „Institut für medizinische Anthropologie und
Bioethik“, IMABE, hat die Empfehlung der Ethikkommission zur Liberalisierung
der embryonalen Stammzellenforschung scharf verurteilt. Der Vorschlag entspreche „Forderungen
von Vorgestern“, heißt es in einer Presseerklärung des Instituts vom Montag. Es gebe
„ethisch sauberere und wissenschaftlich attraktivere Alternativen zur embryonalen
Stammzellenforschung“, hieß es darin weiter. Die Zukunft für neue Therapien liege
in adulten Stammzellen und in den so genannten induzierten pluripotenten Stammzellen.
Beide würden ohne die Zerstörung von Embryonen gewonnen. Auch die Forschung an Mensch-Tier-Hybriden
sei wissenschaftlich überholt, da sich daraus die „begehrten Stammzellen nicht entwickeln“
könnten.
Auch die Lebensschutzbeauftragte der Diözese Graz Seckau, Ingrid
Lackner, hat auf alternative Forschungsmethoden verweisen. Während 73 Erkrankungen
bereits mit adulten Stammzellen behandelt werden, gebe es mit embryonalen Stammzellen
noch keine Anwendungserfolge, so Lackner in einer Presseerklärung. Es sei daher „völlig
unlogisch“ die Forschung an embryonalen Stammzellen zu fördern.
Verteidigt
wird das Votum der Bioethikkommission vom evangelischen Theologen und Kommissionsmitglied
Ulrich Körtner. In der „Presse am Sonntag“ (Ausgabe vom 22. März) betont Körtner,
dass die embryonale Stammzellforschung „moralisch grundsätzlich legitim und förderungswürdig“
sei. Die bestehende österreichische Rechtslage werde der Bedeutung diese „bei uns
noch immer stiefkindlich behandelten Forschungszweiges“ aber nicht gerecht. Daher
sei nun der Gesetzgeber gefordert, „der das Thema aus Mangel an politischem Mut über
Jahre vor sich her geschoben“ habe, so Körtner. Die Frage nach dem ethischen Status
des Embryos sei zwar wichtig, genüge dem Theologen zufolge aber nicht, „um die grundrechtlich
garantierte Freiheit der Forschung zu beschneiden“.