Libanon: Neue Morde, ein Gericht – und ein Ethik-Kodex
Die Aufnahme diplomatischer
Beziehungen zwischen Beirut und seinem „großen Bruder“ Syrien war ein wichtiger Durchbruch
für den Libanon. Doch die Lage im Land bleibt instabil – davon zeugen neue politische
Morde in den letzten Tagen. Der maronitische Bischof Bechara Rai von Jbeil warnt:
„Die
Krise bleibt – eine starke sozial-wirtschaftliche und eine politische Krise. Die Kirche
hat versucht, etwas zum inneren Frieden beizutragen – eine Initiative, die von den
Maroniten ausging und hinter die sich dann alle Kirchen gestellt haben. Das ist eine
„Magna Charta“ des politischen Handelns, im Licht der kirchlichen Lehre, aber heruntergebrochen
auf den Libanon. Ein Dokument in drei Teilen: Der erste erklärt u.a., was von einem
Christen als Politiker erwartet wird. Der zweite beleuchtet die Besonderheit des Libanon
als Ort des Zusammenlebens vieler Ethnien, Religionen und Konfessionen; und dann drittens
die eigentliche „Magna Charta“, die Regeln für den Wiederaufbau im Land vorschlägt.“
Die
Kirche erwartet sich von dem Papier eine „neue Mentalität in der libanesischen Politik“.
Das sagt Bischof Rai nicht zuletzt mit Blick auf die christlichen Politiker im Land;
viele von ihnen verbünden sich auch mal gern mit der Hisbollah, wenn das ihren privaten
Zielen dient. Die Lage im Libanon ist auch deswegen explosiv, weil in den letzten
Tagen in Den Haag ein Sondertribunal gebildet wurde; es soll die Verantwortlichen
für den Mord am früheren Premierminister Rafik Hariri vom Februar 2005 benennen. Bischof
Rai hofft, dass das Tribunal letztlich zum inneren Frieden im Libanon beiträgt:
„Von
1975 bis heute sind etwa dreißig Politiker im Libanon ermordet worden – Moslems und
Christen aller Konfessionen. Das war alles geplant, nichts Zufälliges; und darum brauchten
wir so ein Tribunal, damit unsere besten Politiker nicht mehr dem Tod geweiht sind.
Im Volk gibt es eine große Hoffnung in dieser Hinsicht; ich selbst befürchte allerdings,
dass man vielleicht die Killer stoppt, aber nicht an die wirklichen Hintermänner herankommt.
Und wenn das nicht gelingt, dann bringt das nicht viel... aber hoffen wir mal das
Beste.“