Bilanz aus Korrespondentensicht: „Papst ist Hirte Afrikas“
Aus kirchlicher Sicht
ist an diesem Montag eine erfolgreiche Papstreise zu Ende gegangen. Benedikt XVI.
hat mit seinem Besuch in Kamerun und Angola die gesteckten Ziele erreicht. Eine Bilanz
unserer Korrespondentin Birgit Pottler:
„Der Papst ist Hirte Afrikas“, schrieben
die Bischöfe Kameruns in ihrer Handreichung zum Besuch Benedikts XVI. Sie wiesen von
Anbeginn an darauf hin: Der Besuch des Papstes hat zwei Etappen - beide beziehen sich
auf den ganzen Kontinent, beide zusammen machen diese erste Afrikareise des Kirchenoberhaupts
aus.
Deshalb gab es keine namentlichen Forderungen an die politischen Führer
Kameruns, das Land nicht als ihr Eigentum zu betrachten oder noch konkreter - bei
sich selbst angefangen - gegen Korruption vorzugehen. Deshalb wurden die Wirtschaftsgrößen
Angolas nicht namentlich benannt, als der Papst von den Menschen unterhalb der Armutsgrenze
sprach und sagte: „Enttäuscht ihrer Erwartungen nicht.“ Vielmehr waren beide Länder
exemplarisch, um die Probleme anzusprechen, die den ganzen Kontinent betreffen. In
der Rede an die Politiker und Diplomaten wurde Benedikt XVI. konkret, wiederholte
Forderungen aus der Friedensbotschaft und der Neujahrsansprache an die Diplomaten
und mahnte zu internationaler Aufmerksamkeit für Afrika. Die Hauptthemen: Demokratisierung,
transparente Politik, Achtung der Menschenrechte, effektive Gesundheitssysteme und
die Einlösung der Versprechen seitens der internationalen Staatengemeinschaft, denn
die Entwicklungshilfe dürfe nicht ein weiteres Opfer der weltweiten Finanzkrise werden.
Benedikt
XVI. hat die Menschen Afrikas angesprochen. Sie haben sich nicht von weiten Wegen,
nicht von fehlenden Eintrittskarten und auch nicht von Maschinengewehren im Anschlag
und Armeeangehörigen auf ihren Hausdächern oder Balkonen abhalten lassen, dem Papamobil
zuzutrommeln, still mitfeiernd vor den Stadien auszuharren, drinnen zu tanzen und
mit dutzenden Balafonen das Rund zu füllen oder mit Ansprachen, Geschenken und Plakaten
dem Papst das zu sagen, was sie denken. Die Aussage einer Frau „Wir warten nicht,
bis uns ein Platz zugesprochen wird, wir haben ihn uns genommen“ am Sonntag Nachmittag
in Luanda mag davon Zeugnis geben. Die afrikanischen Katholiken tun und leben, wo
und wenn es nötig ist. Ein Besuch des Papstgefolges bei den Angehörigen einer der
beiden während des Jugendtreffens ums Leben Gekommenen ist umgekehrt symbolisch für
die Nähe des Gastes aus der Weltkirche zu den Menschen in Afrika.
Kamerun und
Angola sind zwei Welten auf einem Kontinent. Papst Benedikt hat sie in den Predigten
vereint. Der Besuch des Kirchenoberhaupts war eine Pastoralreise, er wollte den Glauben
in Afrika stärken. „Habt keine Angst, Hoffnung zu haben“, sagte Benedikt in Yaoundé.
„Habt keine Angst, als Christen zu leben“, in Luanda. Erst eine Einführung in den
Glauben, dann konkrete Beispiele. „Habt keine Angst“ heißt es zunächst aus Kamerun
vor allem für die Eltern, die Kinder in christlichen Werten zu erziehen, für den fruchtbaren
Dialog zwischen alten Traditionen und der Moderne und dem Nein zu den Versuchungen
des Geldes und der Macht. In Angola rief Benedik nach einer solidarischeren und gerechteren
Gesellschaft in Afrika, die auch in ihren Werten zutiefst afrikanisch sei. „Habt keine
Angst“ heißt es von hier für Christen in Kirche und Gesellschaft, diese Werte umzusetzen,
selbst wenn es bedeute Stein des Anstoßes zu sein, angesichts von Härte und einer
Mentalität, die Menschen als Ware und nicht als Brüder und Schwestern sieht.
Eine
„Theologie der Brüderlichkeit“ gegen die mörderischen Konflikte auf dem Kontinent
forderte der Papst vor den Bischöfen Kameruns, Evangelisierung und konkrete Hilfe
für die vielfältig bedrohte Familie dann in Angola und animierte dazu „die Stimme
zu erheben“, um das Leben, das heilig ist, zu verteidigen.
Benedikt XVI. ist
den Realitäten Afrikas begegnet, der Armut, dem Reichtum an Bodenschätzen, den Krankheiten,
„der zerstörerischen Macht der Bürgerkriege“, der Fülle an Traditionen und Religionen,
dem friedlichen Miteinander genauso wie den Folgen von Habgier und hasserfüllter Zerstörungswut.
„Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden“ war die Reise überschrieben, unter gleichem
Titel wird die Bischofsversammlung für Afrika alle Themen wieder aufnehmen.
Die
Papstworte am Sonntag an die Frauen sowie die couragierten und selbstbewussten Zeugnisse
der Afrikanerinnen selbst zeigen, wie sehr Benedikts Reiseprogramm auf die afrikanische
Wirklichkeit einging. Er selbst hatte entschieden, zu dieser Begegnung in ein Armenviertel
von Angolas Hauptstadt zu gehen. Die Regierung hätte ihm lieber andere Gegenden gezeigt.
Es geht auch bei diesem Treffen nicht um innerkirchliche Reizthemen, sondern vorwiegend
um die Rolle der Frau in Afrika. Denn auch wenn die Traditionen der Ethnien den Mann
größtenteils als Häuptling sehen wollen, in der Praxis ist es die Frau, die entscheidet.
Benedikt fordert volle gesellschaftliche Gleichberechtigung und die Mithilfe der Männer
in der Familie. Doch die Frau erhalte ihre Würde nicht erst durch diese Maßnahmen
von außen. Sie schenkt leben, ist Keimzelle der Familie, deren Stabilität wiederum
unverzichtbar für die Gesellschaft ist.
Gespräche in Afrika haben mir gezeigt:
Die Frau ist faktisch im Mittelpunkt, sie ist - äußere verfremdende Einflüsse ausgenommen
- verantwortlich für die Zukunft der Familie und lange Jahre auch für die Weitergabe
von Werten an die Kinder; so gesehen also auch für die Sexualerziehung.
Erst
hier sehe ich wieder eine Verbindung zur „Kondomdebatte“ in den westlichen Medien.
Dieses Thema verdrängte die aus kirchlicher und afrikanischer Sicht erfolgreiche
Reise zu unrecht aus Zeitung, Radio und Fernsehen. Die einseitige Berichterstattung
lies für „die Trauer und Angst“, aber auch „die Freude und Hoffnung“ Afrikas keinen
Raum mehr.