„Außerdem sind wir zahlreicher“ - Afrikas Frauen und der Papst
Gibt es eigentlich
bei einer Papstreise noch etwas, was nicht auch schon Johannes Paul so oder ähnlich
gemacht hat? Ja doch: Auf dieser Afrikareise Benedikts XVI. kommt es zu einem Novum.
Kurz vor seinem Abflug aus Angola wird der Papst nämlich die Mitglieder von katholischen
Frauenbewegungen treffen – eine historische Premiere. Und eine Botschaft, die an die
Frauen in ganz Afrika gerichtet ist. Ein Beitrag mit Material unserer Korrespondentin
Birgit Pottler.
„Das ist eine große Freude für uns Frauen!“ Sagt eine junge
Frau, die im Chor der Kathedrale von Yaoundé mitsingt – und sie meint die Visite Benedikts
XVI. auf dem Schwarzen Kontinent. „Das ist natürlich nicht der erste Papst, der uns
segnet; auch Johannes Paul II. war schon hier. Aber das ist für uns Frauen wirklich
eine große Freude. Wie zufrieden wir Frauen sind, werden Sie auf den Straßen leicht
feststellen: Da sind jetzt sehr viel mehr Frauen als Männer, um den Papst zu begrüßen!
Die Frauen haben einen starken Glauben; Afrikas Frauen allgemein sind enthusiastisch,
dass der Papst kommt.“ Und Benedikt kommt speziell zu ihnen, den Frauen Afrikas
– das signalisiert sein Termin mit katholischen Frauenverbänden am Sonntagabend in
der angolanischen Hauptstadt Luanda. „Die Frauen wollen vor allem Frieden. Sie wollen,
dass der Papst mit uns für Frieden und Wohlstand betet, für unsere Familien... Das
wäre gut für uns.“ Afrika ist ein Kontinent der Frauen; in der Landwirtschaft, die
dort noch eine ganz andere Rolle spielt als in den Industrienationen, wird mehr als
90 Prozent der Arbeit von Frauen geleistet. Sie stehen für das dynamische Afrika,
für Auswege aus lähmenden Traditionen. „Die Frauen werden immer mehr respektiert,
und in einigen afrikanischen Ländern haben sie schon sehr verantwortungsvolle Posten
bekommen. Die Frauen werden respektiert, weil sie ihre Arbeit gut tun... und außerdem
– wenn Sie sich mal umschauen: Die Frauen sind zahlreicher als die Männer!“ Auf
diese Zahlen-Evidenz mußte auch der Papst reagieren. Aber welche Botschaft werden
die Frauen dem Papst mit auf den Weg geben? „Ich vermute, die Frauen in Angola werden
den Papst auf die Rolle von Frauen in der Kirche ansprechen – die Rolle der afrikanischen
Frau. In der Kirche und in der Welt. Das ist die wesentliche Botschaft.“ Sagt Ivette
Linga, eine engagierte Katholikin aus Yaoundé. „Auch das Zweite Vatikanische Konzil
hat die Rolle der Frauen betont, und zwar im Innern der Kirche wie in der Gesellschaft.
Das ist etwas sehr Wichtiges. Denn die Frau ist Trägerin der Menschlichkeit; sie ist
die Erzieherin. Die Kirche ist eine Mutter, und die Frau wird mit der Kirche verglichen:
Mutter, Gebärerin, Erzieherin.“ Linga leitet den Freundeskreis der Marienbasilika
von Yaoundé; die Mutter von vier Kindern und drei Enkelkindern arbeitet in einem Unternehmen.
„Es gibt eine Polemik, mit der die Frauen mehr Raum in der Kirche einfordern. Ich
finde, sie haben heute schon eine wichtige Rolle: in den Bewegungen, aber auch in
der Liturgie. Ich finde, wir sollten selbst erkennen, was unser eigentlicher Platz
ist; dieser Platz ist klar definiert, und wir sollten ihn mit viel Würde und Respekt
ausfüllen.“ Das heißt aus afrikanischer Perspektive aber etwas anderes, als sich
mit der Rolle des Heimchens am kirchlichen Herd abzufinden. Ivette Linga formuliert
– nun ja, anders als Alice Schwarzer, vermutlich. „Die Rolle der Frau ist wichtig,
und zwar schon im Heilsplan Gottes: Sie ist Erzieherin und Mutter. Und eine Mutter
hat ihre ganz eigene Sensibilität, ihr eigenes Genie! Sie muß auch das Recht haben,
das zu zeigen und anzuwenden. Vergessen wir nicht: Frauen waren die ersten Apostel,
die die Nachricht von der Auferstehung weitergetragen haben! Die erste Verbreiterin
des Evangeliums sollte auch heute die Frau sein. Aber wenn wir derzeit auf die Statistiken
hier in Afrika schauen, dann stellen wir fest: Der Frauenanteil unter den Katechisten
ist unterproportional niedrig. Da würde ich einhaken: Sie brauchen eine solide Ausbildung,
um diese Rolle spielen zu können – erst recht heute, wo wir sehen, dass viele Männer
in dieser Hinsicht versagen! Frauen sollten sie ablösen, um das Evangelium weiterzutragen!” Vielleicht
werden Päpste bei künftigen Afrikareisen um eigene Begegnungen mit kirchlichen Frauengruppen
gar nicht mehr herumkommen. Es wäre das Schlechteste nicht...