Papst in Kamerun: „Christen können nicht schweigen angesichts der Ungerechtigkeit“
„Welche Freude, zum
ersten Mal seit meiner Wahl zum Papst in Afrika zu sein!“ Das sagte Benedikt in seiner
ersten Ansprache auf afrikanischem Boden. Er gratulierte Kamerun zum 50. Jahrestag
seiner Unabhängigkeit und lobte das freundliche Klima zwischen den Konfessionen und
Religionen im Land. Hier sind die Kernsätze aus der Papstrede am Flughafen von Yaoundé.
„Ich
komme zu euch als Hirte. Ich komme, um meine Brüder und Schwestern im Glauben zu stärken,
wie einst Petrus. Als Petrus am Pfingsttag in Jerusalem predigte, da waren auch Zuhörer
aus Afrika dabei. Das Zeugnis vieler großer Heiliger dieses Kontinents in den ersten
Jahrhunderten des Christentums garantiert Afrika einen besonderen Platz in der Kirchengeschichte.
Bis heute haben Heerscharen von Missionaren und Märtyrern in allen Teilen Afrikas
Zeugnis für Christus abgelegt, und heute zählt die Kirche hier etwa 150 Millionen
Gläubige.“
Benedikt erinnerte daran, dass Papst Johannes Paul 1995 in Yaoundé
das Abschlußdokument einer Bischofs-Sondersynode für Afrika vorstellte. Er komme nun,
um das Arbeitspapier der zweiten Sondersynode zum Thema Afrika zu präsentieren; das
Bischofstreffen findet im Oktober in Rom statt. Er hoffe auf einen „Moment der Gnade“
und einen „neuen missionarischen Aufbruch“ der afrikanischen Kirche.
„Auch
mitten im größten Leiden bringt die christliche Botschaft immer Hoffnung mit sich.
Die Begegnung mit dem lebendigen Gott kann auch in einer Lage großen Leids und großer
Ungerechtigkeit alles verwandeln. Ein Christ kann niemals schweigen angesichts des
Schmerzes und der Gewalt, der Armut und des Hungers, der Korruption und des Machtmissbrauchs!
Die rettende Botschaft des Evangeliums will mit Kraft und Klarheit verkündet werden,
damit das Licht Christi im Dunkel des Lebens der Menschen leuchtet. Auch hier in Afrika
hungern zahllose Menschen nach einem Wort der Hoffnung und des Trostes. Regionale
Konflikte führen zu Tausenden Obdachlosen und Bedürftigen, Waisen und Witwen.“
Überraschend
deutlich ging Papst Benedikt schon in seiner ersten Ansprache auf die Probleme Afrikas
heute ein.
„Der Kontinent hat in der Vergangenheit erlebt, dass viele seiner
Einwohnner grausam geraubt und verschifft wurden, um als Sklaven zu arbeiten; heute
ist der Menschenhandel, besonders mit wehrlosen Frauen und Kindern, zu einer modernen
Form der Sklaverei geworden. In einer Zeit weltweiter Nahrungsmittelknappheit, der
Finanzkrise und des Klimawandels leidet Afrika überproportional: Immer mehr seiner
Einwohner werden zu Opfern des Hungers, der Armut, der Krankheit. Sie schreien nach
Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden – und genau das ist es, was die Kirche ihnen
bietet: Nicht neue Formen wirtschaftlicher und politischer Unterdrückung, sondern
die Freiheit der Kinder Gottes. Nicht kulturelle Modelle, die das Recht der Ungeborenen
ignorieren, sondern das reine Wasser des Evangeliums vom Leben. Nicht bittere Rivalitäten
zwischen Volksgruppen und Religionen, sondern den Frieden und die Freude des Reiches
Gottes – die Zivilisation der Liebe.“
Der Papst erwähnte, dass mehr als ein
Viertel der Einwohner Kameruns sich zum katholischen Glauben bekennt. Die Kirche sei
also „in einer guten Ausgangslage, um für das Wohl der Menschen und die Versöhnung
einzutreten“. Das tue sie besonders in der Sorge um Kranke und Behinderte sowie im
Schulwesen.
„Kamerun ist ein Land der Hoffnung für viele in Zentralafrika.
Tausende von Flüchtlingen aus Ländern der Region, die vom Krieg verwüstet sind, haben
hier Aufnahme gefunden. Es ist ein Land des Lebens – mit einer Regierung, die sich
eindeutig auch für die Rechte der Ungeborenen einsetzt. Es ist ein Land des Friedens:
Kamerun und Nigeria haben einen Streit um eine Halbinsel im Dialog aus der Welt geschafft
und damit der Welt gezeigt, dass eine geduldige Diplomatie immer Früchte bringen kann.
Es ist ein Land der jungen Leute mit einer vitalen, jungen Bevölkerung. Mit Recht
sprechen manche von „Afrika in Miniatur“ – es ist Heimat von über 200 ethnischen Gruppen,
die in Harmonie miteinander leben... Gott segne Kamerun! Gott segne Afrika!“