Vor der Afrikareise: „Moralische und historische Verpflichtung…“
Afrikajahr im Vatikan.
So differenziert die einzelnen Länder dieses Kontinents sonst auch zu betrachten sind,
das Engagement des Papstes gilt in diesem Jahr übergreifend ganz Afrika: Für Oktober
hat er die Sondersynode für Afrika in den Vatikan einberufen, während seines Aufenthalts
in Kamerun wird Benedikt XVI. feierlich das Arbeitspapier dazu an die Bischöfe des
Kontinents übergeben.
„Ein Kontinent voller menschlicher und natürlicher
Vielfalt und Reichtum.“ Der deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl, Hans Henning
Horstmann, kennt Afrika seit 1967, erst als Student, dann als Diplomat. Bis heute
hat er unter anderem Freunde in Kamerun. In seiner monatlichen Kolumne für Radio Vatikan
erinnert sich Horstmann: „In Afrika haben wir vor allem spirituelle und immaterielle
Werte erfahren und den materiellen Luxus und Überfluss der nördlichen Hemisphäre nicht
vermisst. Wir konnten uns auf das Wesentliche im menschlichen Zusammenleben konzentrieren.
Besonders gerne haben wir afrikanische Gottesdienste besucht: der tiefe und fröhliche
Glaube hat begeistert.“ Gut ein Viertel der 18 Millionen Menschen in Kamerun
sind Katholiken; 8,6 Millionen Katholiken leben in Angola, das entspricht mehr als
55 Prozent der Bevölkerung. 31.000 Katecheten sind dort registriert. Tendenz steigend.
Horstmann:
„Afrika ist heute die Wachstumsregion für die Kirche. Afrika ist aber auch ein
von Armut, Krankheit und Krieg geplagter Kontinent.“ Eine erste Sondersynode
für Afrika hatte 1994 den Einsatz für die Armen als Hauptaufgabe der Kirche in Afrika
betont. Doch die Kirche habe dafür weder politische noch wirtschaftliche Rezepte,
so der nigerianische Kardinal Francis Arinze. Der langjährige Leiter der Gottesdienstkongregation
wird im Auftrag Benedikts XVI. die nächste Afrikasynode leiten.
Einsatz für
die Armen, „das heißt, den Stimmlosen eine Stimme geben und die Menschenrechte
verteidigen. Das heißt auch, den Regierenden zu sagen, dass es ihre Pflicht ist, dem
Volk zu dienen, statt den eigenen Interessen zu frönen. Die Kirche ruft in diesem
Sinn immer dazu auf, dass die Wahlen korrekt und ehrlich sind. Einige Diözesen haben
gar Laien dazu ausgebildet, die Wahlen – freilich auf nicht offizielle Art – zu überwachen.
Die Menschen müssen im öffentlichen Leben also präsent sein. Kirchliches Leben spielt
sich nicht nur in Sakristeien ab: Christen sind Bürger wie alle anderen; Salz und
Sauerteig sein bedeutet, von innen heraus zu arbeiten.“
Von der jetzt bevorstehenden
Papstreise nach Afrika erhofft Arinze sich natürlich eine Stärkung im Glauben für
das Land, aber auch mehr internationale Aufmerksamkeit: „Afrika muss bei den
Treffen der G7, G8 oder G20 mehr Beachtung finden. Afrika darf nicht an den Rand gedrängt
werden, sondern muss als Kontinent anerkannt werden, der für die ganze Welt wichtig
ist. Einige der negativen Seiten – Kriege und Spannungen – sind keineswegs nur lokale
Ereignisse oder hausgemacht; hier spielen internationale Faktoren eine Rolle. In der
Welt von heute, im so genannten ,globalen Dorf’ müssen wir lernen, noch mehr zusammen
zu arbeiten um die einzelnen Völker voranzubringen.“ Der deutsche Botschaft
Horstmann erinnert an moralische und historische Verpflichtungen gegenüber dem Nachbarkontinent: „Die
Bilder der im Mittelmeer zwischen Afrika und Italien Ertrinkenden, die gerade in Rom
jeden Tag die Medien füllen, treffen ins Herz. Sie sollten uns vor allem aber auch
ermutigen, unsere Hilfe und partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Engagement und
Empathie zu gestalten.“Gerade wegen der weltweiten Finanzkrise müssten die Industrienationen
ihren Einsatz für Afrika verstärken. Horstmann sieht sich da auf einer Linie mit den
Vatikanvertretern bei der UNO. Die Umsetzung der so genannten Millenniumsziele seien
so wichtig wie nie; zwar so Horstmann „sind dies globale Ziele“, die aber für Afrika
besonders bedeutsam sind. Konkret: „Armut und Hunger müssen drastisch reduziert
werden; Primarschulbildung muss universell geöffnet werden; Mädchen und Jungen müssen
gleichen Bildungszugang haben; die Müttersterblichkeit soll um 75 Prozent verringert
werden.“ Die Papstreise nach Afrika gelte zum einen der wachsenden Zahl der
Katholiken in Kamerun und Angola. „Der Papst will aber auch ganz im Sinne seiner
Friedensbotschaft vom 1. Januar 2009 die Menschen in ihrer Hoffnung auf Frieden, Gesundheit
und Wohlstand stärken.“ (rv 26.02.2009 bp)