Vatikan: Zollitsch beim Papst – „Uns verbindet alles Entscheidende“
Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz war am Freitag beim Papst. Nur eine Woche nach der Vollversammlung
der deutschen Bischöfe und nur einen Tag nach Bekanntwerden des Papstbriefes an die
Bischöfe konnte sich Erzbischof Robert Zollitsch mit Benedikt XVI. austauschen. Dabei
nahm er wahr, dass die Stürme der letzten Wochen beim Papst durchaus Verletzungen
hinterlassen haben. Stefan Kempis berichtet.
„Es war ein sehr brüderliches,
ruhiges und sachliches – ja, ein freundschaftliches Gespräch.“ Das sagt Erzbischof
Zollitsch kurz nach seiner Rückkehr aus dem Vatikan. Er steht mit der Peterskuppel
im Rücken auf einer Dachterrasse und blickt in Kameras und Mikrofone. „Ich habe
ihm gedankt für seinen Brief an die bischöflichen Mitbrüder – dass er nochmals seine
Motive dargelegt hat, die ihn bewogen haben, die Exkommunikation aufzuheben und diese
Tür zu öffnen.“ Die deutschen Bischöfe stünden in Solidarität zum Papst – das habe
er Benedikt versichert. Übrigens: „Den Termin hatte ich schon lange ausgemacht, nämlich
Anfang Januar. Ich bin jetzt seit einem Jahr Vorsitzender der Bischofskonferenz und
wollte dem Heiligen Vater darüber berichten.“ Das (und nicht etwa die Lefebvrianer)
sei dann auch der Schwerpunkt des Gespräches gewesen.
„Ich habe über die Frühjahrsvollversammlung
berichtet, natürlich auch über unsere Erklärung zu Fragen der Exkommunikation der
vier Bischöfe der Pius-Bruderschaft, zur Frage, wie wir nun weitergehen... Ich habe
ihm unsere Solidarität auch da versichert.“
Eine Solidarität, die Papst Benedikt
durchaus gut gebrauchen kann und die ihm guttut. Denn, so Erzbischof Zollitsch: „Der
Papst ist doch sehr betroffen von der Reaktion, die er erleben mußte, und er fühlte
sich oft auch persönlich angegriffen. Eigentlich hat er sich gewundert, dass man ihm
unterstellen könnte, dass er – der im Zweiten Vatikanischen Konzil als Theologe so
aktiv mitgearbeitet hat – nicht hinter dem Konzil steht. Da spüren wir, dass da Wunden
bei ihm da sind.“
Ansonsten sprachen Papst und Erzbischof über die Wirtschaftskrise,
über die katholischen Schulen – und über den Mangel an Priester- und Ordensberufungen
in Deutschland: „Unsere große gemeinsame Sorge ist, dass der Glaube in Deutschland
wächst, dass immer mehr Menschen die Schönheit und den Wert des katholischen Glaubens
entdecken, dass wir vielen Menschen in unserer Kirche Heimat geben – und dass wir
das auch in der Breite tun.“
Er habe gestaunt, wie sehr Benedikt XVI. auch
jetzt noch mit Details vertraut ist, was die Entwicklungen in Deutschlands Kirche
und Gesellschaft betrifft. „Man merkt: Er ist auch in den vielen Jahren, die er jetzt
in Rom lebt, einer geblieben, der mit seiner Heimat Deutschland ganz besonders verbunden
ist.“
Für Erzbischof Zollitsch ist das, wie er sagt, „ganz besonders ermutigend“:
„Zu wissen, dass wir einen Papst in Rom haben, der sich für uns in Deutschland interessiert
und mit dem ich in der Muttersprache sprechen kann... und mit dem ich unkompliziert
sprechen kann.“ Er sei dankbar für das mitbrüderliche Interesse des Papstes an den
Angelegenheiten der deutschen Kirche: „Ich gehe am Sonntag gestärkt aus Rom wieder
weg, weil ich spüre: Uns verbindet alles Entscheidende mit Rom, mit dem Heiligen Vater.
Es gibt keine Punkte, die uns trennen.“
Vor den Journalisten kommt der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz auch noch einmal auf die Papst-Schelte aus dem Mund
von Angela Merkel zu sprechen; die Bundeskanzlerin hat sich erst vor zwei Tagen in
einem Gespräch mit der „Bild“-Zeitung zu ihrer Kritik an Benedikt in der Causa Williamson
bekannt. Zollitsch dazu: „Wenn eine Regierungschefin sich tatsächlich über etwas äußern
will, das den Heiligen Vater betrifft, dann gibt es für mich andere Wege – die diplomatischen.“
Er glaube nicht, dass etwas dieser Art noch einmal geschehen werde.
Natürlich
war Zollitsch in diesen Tagen nicht nur bei seinem deutschen Landsmann auf dem Stuhl
Petri zu Gast - er führte auch Gespräche in der römischen Kurie. Wo man ihn sehr
freundlich empfangen habe: „Ich habe versucht, die Stellung der deutschen Bischöfe
zu erklären; das wurde gut aufgenommen. Ich habe auch versucht zu erklären, was im
Hintergrund steht.“ Das ist zum einen die Solidarität mit dem Papst, zum anderen aber
auch die Sorge „bei vielen guten Katholiken in Deutschland“, die nicht wüßten, was
sie aus dem Zugehen des Papstes auf die Pius-Bruderschaft machen sollen: „Ob das Zeichen
sind, dass wir einige Abstriche machen würden am Zweiten Vatikanischen Konzil? Das
sind Befürchtungen und Ängste, denen ich in Deutschland überall begegnet bin.“
Zollitsch
hat versucht, diese Gefühlslage bei vielen deutschen Katholiken im Vatikan zu erklären;
er scheint sich aber nicht ganz sicher über den Eindruck, den die deutschen Debatten
und seine Erklärungen im Vatikan gemacht haben. „Ich habe manchmal auch den Eindruck
gehabt, dass man manche Dinge, die bei uns in Deutschland selbstverständlich diskutiert
werden, vielleicht dann auch zu schnell als Kritik aufgefasst hat.“ Er habe dagegengehalten,
von einem legitimen Ringen um den künftigen Weg der Kirche geredet – „es hat mir niemand
widersprochen, und ich habe überall für das, was ich sagte, Verständnis gefunden.“
Die
Reaktion der Pius-Brüder auf den Papstbrief hat der Freiburger Erzbischof erst an
diesem Freitag gelesen, kurz vor seiner Audienz beim Papst. „Es ist natürlich für
mich keine ausreichende Stellungnahme; mir ist es schwer verständlich, wenn jemand
sagt: Ja, der Papst ist Papst, wir erkennen ihn an – aber wir folgen ihm nicht. Hier
wird noch vieles zu klären sein.“ Bei der Glaubenskongregation sei der künftige Dialog
mit den Pius-Brüdern gut aufgehoben. Er habe zwar Verständnis dafür, dass viele sich
schon eine baldige Klärung erhoffen, aber das Thema sei diffizil. „Und da wird sich
zeigen, wer von der Pius-Bruderschaft bereit ist, den Weg mit der katholischen Kirche
und dem Papst weiterzugehen – oder wer sich dann halt definitiv von uns trennt!“