2009-03-13 12:23:38

D: Soziale Bindungen als Prävention gegen Amokläufe


RealAudioMP3 Warum? Nach dem Amoklauf eines 17-jährigen Jugendlichen an einer baden-württembergischen Realschule in Winnenden bewegt die Frage nach den Ursachen Angehörige wie Politiker und Psychologen. Am Mittwochmorgen hatte Tim K. an seiner ehemaligen Schule und bei seiner anschließenden Flucht 15 Menschen erschossen. In einem Schusswechsel mit der Polizei richtete er sich danach selbst. - Verschärfte Waffengesetze, das Verbot von gewalttätigen Videospielen und mehr psychologische Betreuung für Schüler sind Forderungen, die nach der Tat laut werden. Wie schon bei ähnlichen Amokläufen von Schülern im US-amerikanischen Columbine 1999 oder am Erfurter Johannes-Gutenberg-Gymnasium vor sieben Jahren, stellt sich auch im Fall Winnenden die Frage: Wie hätte eine solche Bluttat verhindert werden können? Anne Preckel berichtet:

Ein neues Nachdenken über Gewalt sei nach so einem Fall notwendig, meint der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch. Gerade die Jugendlichen müssten einbezogen werden.

„Dass so etwas geschehen konnte, ist logisch nicht zu begreifen. Wir sehen in Menschen nicht hinein und verstehen nicht, warum sich jemand auf so etwas eingelassen hat. Wir sollten gerade im Gespräch mit jungen Leuten darauf achten, dass so etwas aufgearbeitet wird. Wenn es zu einer neuen Nachdenklichkeit führt – wie wir Probleme lösen, wie wir mit Menschen umgehen, die innerlich völlig zerrissen sind, keinen Lebenssinn sehen oder Rachegefühle haben – dann wäre das eine der Konsequenzen, die wir daraus ziehen sollten.“

Columbine, Erfurt oder Winnenden – das Muster der Amokläufe ist ähnlich. Oft sind es junge Männer mit Vorlieben für Waffen und Gewaltfantasien, die irgendwann zur Tat schreiten. Dass jeder Amoklauf eine Vorgeschichte hat, unterstreicht der Schulpsychologe Dr. Christian Lüdke im Interview mit Domradio Köln:

„Man wird nicht über Nacht zum Amokläufer. Eine solche Tat wird über viele Wochen, Monate, manchmal Jahre geplant.“

Doch wie lässt sich dann ein möglicher Amoklauf schon im Voraus erkennen? Als Anzeichen für einen möglichen Amoklauf nennt Lüdke:

„Es gibt Verhaltensänderungen, die man erkennen kann. Wenn jemand sehr aggressiv ist, wenn jemand häufiger über Waffengewaltverherrlichung spricht, möglicherweise über das Thema Tod auch oder den Hass auf die Menschen immer wieder zum Ausdruck bringt. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler da ein komisches Bauchgefühl hat, dann sollte er sich dem Lehrer oder der Lehrerin anvertrauen oder den Eltern, ohne Angst haben zu müssen, dass sie eine Petze sind.“

Die Änderung von Waffengesetzen oder auch der diskutierte Einsatz von mehr Schulpsychologen an Schulen seien nicht ausreichend, meint Lüdke. Die beste Gewaltprävention sei vielmehr die Verbesserung menschlicher Beziehungen – unter Schülern, Lehrern und Eltern:

„Man sollte sich mehr auf die Ursachen konzentrieren: Langfristig kann man Amokläufe nur dann verhindern, wenn man frühzeitig in Bildung investiert, wenn man die Qualität der Beziehungen innerhalb von Schulen, Kindergärten, der Familien verbessert. Und dann ist es wichtig, Kindern möglichst früh beizubringen, mit Enttäuschungen umzugehen, weil das eine der wichtigsten Eigenschaften ist, um dann mit Konflikten umzugehen.“

Mehr Bildung im Umgang mit Konflikten und mehr soziale Bindungen – damit es nicht noch einmal so weit kommt.

(rv/domradio 13.3.09 pr)







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