Finanzkrise, Klimawandel
und knappe, ungerecht verteilte Ressourcen: Diese globalen Probleme haben eine gemeinsame
Ursache, nämlich die fehlende Nachhaltigkeit in der Globalisierung. Das sagt der Chefökonom
des Potsdamer Instituts für Klimaforschung und Mitglied des Weltklimarats, Ottmar
Edenhofer. Am Rande einer Konferenz, die das deutsche katholische Hilfswerk „Misereor“
am Samstag im Vatikan veranstaltete, erklärte er gegenüber Radio Vatikan, was es mit
dieser Nachhaltigkeitskrise auf sich hat:
„Was heißt Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit
heißt: Handle so, dass du die Grundlagen deines Handelns nicht zerstörst. Der Bankensektor
hat die eigene Geschäftsgrundlage zerstört, das Vertrauen ist flöten gegangen, und
das macht jetzt das Bankengeschäft unmöglich. Der Klimawandel ist auch eine Nachhaltigkeitskrise,
weil wir drauf und dran sind, unser gesamtes natürliches Kapital zu zerstören. Und
er steht auch für eine Gerechtigkeitskrise, denn wenn wir das natürliche Kapital zerstören,
wird das auch die Lebensgrundlage der kommenden Generationen bedrohen.“
Einen
Lösungsansatz sieht Edenhofer in den Grundprinzipien der katholischen Soziallehre,
„wo es ja um Gemeinwohl, um Solidarität, um Subsidiarität und Gerechtigkeit geht“.
Global verbindliche ethische Richtlinien müssten durch einen sogenannten „global
contract“, also ein Abkommen der internationalen Staatengemeinschaft, geregelt werden,
so Edenhofer. Diese Regeln müssten sich dann in der Mitte zwischen Sozialismus und
Wirtschaftsliberalismus, zwischen Gerechtigkeit und Freiheit bewegen:
„Wir
haben ja in Europa auch die Erfahrung gemacht, dass es angesichts der Herausforderung
der Industrialisierung nicht die Lösung sein kann, dass wir jetzt die Wirtschaft verstaatlichen,
also mehr Sozialismus einführen. Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass eine
schrankenlose Wirtschaft ebenfalls nicht funktioniert. Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft
hat ja versucht, eine Balance zu finden zwischen Freiheit und Gerechtigkeit. Und dieses
Thema Freiheit und Gerechtigkeit neu auszubalancieren - das ist jetzt die Aufgabe,
die sich für uns auf Ebene der Weltgesellschaft neu stellt. (...) Ich glaube, dass
es jetzt die Zeit und die Stunde ist, dass wir über eine Erneuerung der globalen Institutionen
nachdenken im Rahmen der UN... und dass wir darüber nachdenken, wie wir die europäischen
Institutionen so wetterfest machen können, dass wir am Ende auch die Finanz- und Wirtschaftskrise
durchstehen.“