"Ich hoffe, dass
der frische Wind, der von See her kommt, uns auch ein bisschen beflügelt. Jedenfalls
macht es uns keine Angst, dass Regen, Wind oder Sturm uns die Situation schwierig
machen könnten. Ich glaube das wird uns eher ein bisschen motivieren, ein bisschen
bewegen und für die Frische der Diskussion sorgen."
Die 68 Oberhirten
der Deutschen Bischofskonferenz hat es diesmal in den Norden der Republik gezogen.
Doch die steife Brise der vergangenen Wochen scheint abgeflacht, über die Piusbruderschaft
und Holocaustleugner herrscht Einigkeit. Auch die Schlagzeilen werden wieder positiver.
„So katholisch war Hamburg noch nie“ titelte die Lokalausgabe der Bild-Zeitung am
Tag nach der Eröffnung der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz.
Das Erzbistum mit dem Sitz in der Hansestadt ist zwar flächenmäßig das Größte der
27 in der Bundesrepublik, doch der Anteil der Katholiken ist eher gering. Zehn Prozent
sind es in Hamburg-Stadt.
"Wir dürfen uns als katholische Kirche auch hier
in Hamburg zeigen. Und wir tun das gerne. Zumal sich Hamburg als Hafen ja durchaus
als Tor zur Welt fühlt und wir auch in unserer Bischofskonferenz nicht nur nach innen
schauen, sondern auch nach außen schauen. Und diese Fragen, die die Welt und unsere
Gesellschaft beschäftigen, natürlich auch unsere Fragen sind."
Die
Ereignisse in Sachen Piusbruderschaft sind hier in der Diaspora auf besonders viel
Unverständnis gestoßen. Die Katholiken sind jetzt froh über bischöfliche Unterstützung
und positive Schlagzeilen:
"Als Dokumentation, dass das was da geschehne
war so absolut irre ist. Was da jetzt abläuft, das kann so nicht sein. Also ich bin
schon davon überzeugt, dass das uns auch den Piusbrüdern gegenüber stärkt und denen
gegenüber auch ein Beweiß ist."
"Ja schon, aber
ich finde auch das festigt den Glauben, wenn man sagen kann: „Ich glaube trotzdem“.
Letzten Endes sind das für mich auch Meinungen von Menschen. Und das ist eine Meinung
gewesen und meine Meinung ist anders. Oder auch die von vielen Katholiken ist anders,
würde ich sagen. Aber das ist natürlich positiv und ich glaube einige werdene dadurch
auch wieder sicherer oder kriegen Sicherheit auf ihrem Glaubensweg."
Die
rund 60 Bannerträger von Kolping und Maltesern beim Eröffnungsgottesdienst kommen
genauso wie die Gläubigen im Mariendom bei weitem nicht nur aus Hamburg selbst. Alle
gemeinsam zeigen Flagge.
"Dass wir nicht nur evangelisch sind, wie es immer
heißt, sondern, dass es auch hier Katholiken gibt und auch Kooperation zwischen den
Kirchen, aber auch allgemeine Offenheit und Festigkeit der Katholiken. Weil ich glaube,
dass es hier teilweise schwerer ist Katholik zu sein als in Bayern, weil es hier viel
weniger gibt."
"Als Hamburger Katholikin ist man
doch ein bisschen stolz. Ohne die Nase jetzt hoch tragen zu wollen."
Der
erst vor kurzem wieder eröffnete Hamburger Mariendom liegt in einem der Kneipen- und
Szeneviertel, Spielbanken und Nachtlokale sind nicht weit. Zollitsch rühmte Hamburg
als Tor zur Welt, den Sichtkontakt zu ihr können die Bischöfe haben – zumindest auf
der Busfahrt zurück zum Tagungsort.
Auch der ist ganz irdischer Natur: ein
Nobelhotel unweit der Alster. Hamburg besitzt kein ausreichend großes bewirtetes Gästehaus.
Gastgeber-Erzbischof Werner Thissen bekennt:
"Ich habe den Eindruck, dass
die Bischöfe zunächst etwas konzterniert waren, weil dieses Hotel nun wirklich ein
sehr herausgehobenes Hotel ist. Aber dass sie inzwischen gemerkt haben, dass es wunderbare
Arbeitsbedingungen sind."
Nachfragen, auch aus dem Volk, ob dieser Ort
in Zeiten der Wirtschaftskrise denn angemessen sei, kann der Oberhirte entkräften:
"Natürlich
ist es ein bisschen eigenartig in einem so wunderbaren Hotel zu tagen, wenn wir vorher
in eher kargen Bistumsakademien waren. Aber ich mochte dem Hotelier, der mir das zu
einem Preis angeboten hat wie in unseren Bistumsakademien, nicht sagen: nun bauen
sie wegen des Sozialimage erstmal noch ein einfaches Hotel. Wir haben das dankbar
angenommen."
Für mehr Kontakte zur Welt bleibt keine Zeit; am Mittwochabend
eine Hafenrundfahrt – aber auch da bleiben die Bischöfe unter sich. Zeitgleich spielt
der HSV, für die Hamburger sind Stadion und Fernsehen an diesem winterlichen Märzabend
attraktiver als die windigen Landungsbrücken. Das letzte Ausflugsschiff hatte schon
Stunden zuvor den Anker geworfen, eigens für die Bischöfe gibt es eine nächtliche
Tour – auch für die Matrosen ungewohnte Arbeitsumstände. Bei Seemannsliedern geht’s
für die sturmerprobten Oberhirten derweil in hoffentlich wieder ruhigeres Fahrwasser.