„Die Christen im Heiligen
Land schauen mit Sorge auf die Regierungsbildung.“ Das sagte Radio Vatikan-Korrespondentin
Gabi Fröhlich an diesem Freitag. Wie der Nahost-Friedensprozess weiter gehe, hänge
auch am Druck von Außen. Der israelische Präsident Schimon Peres hatte am Morgen
den rechtsgerichteten bisherigen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu vom Likud-Block
mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Likud-Partei arbeitet jetzt auf eine Mehrheit
aus rechtsgerichteten und religiösen Parteien in der Knesset hin, bereits am Donnerstag
hatte Netanjahu sich die Unterstützung des Ultranationalisten Avigdor Lieberman gesichert.
Was bedeutet dieser Rechtsruck in der Regierung für die Christen im Heiligen Land,
die in der Mehrheit Araber sind? Gabi Fröhlich:
„Die schauen natürlich mit
Sorge auf diesen Rechtsruck und eine mögliche Regierungsbeteiligung von Liebermann.
Der sagte Dinge wie ,Alle Araber sollen raus aus Israel’; das hört man natürlich im
christlichen Milieu nicht gerne. Zum religiösen Element an sich: Die, die in den großen
Parteien das Sagen haben, sind nicht die Ultrareligiösen. Ein Liebermann steht etwa
für eine sehr laizistische Politik. Das würde die meisten Christen vielleicht wieder
beruhigen, wenn das andere Element nicht so sehr überwiegen würde.“
Peres
hatte zuvor mit Netanjahu und Außenministerin Zipi Livni von der Kadima-Partei in
seinem Amtssitz beraten. Nach dem Treffen schloss Livni die Mitwirkung ihrer Partei
in einer von Netanjahu geführten Regierung aus. Im Rundfunk sagte sie, eine derartige
Regierung hätte wegen der unterschiedlichen Ansichten zum Friedensprozess im Nahen
Osten „keinen Wert“. Für einen dauerhaften Frieden mit den Palästinensern müsse Israel
auf beträchtliche Teile seines Territoriums verzichten, hatte Livni Anfang der Woche
vor Vertretern jüdischer Organisationen aus den USA betont. Netanjahu und Liebermann
seien jedoch „explizite Gegner eines Friedensprozesses“, betont Gabi Fröhlich.
„Netanjahu
will den Siedlungsausbau weiter führen und plant Dinge, die dem Friedensprozess diametral
entgegenstehen. Das stimmt natürlich auch die christlichen Araber sehr traurig, weil
sie sehr stark vom Gelingen des Friedensprozesses abhängen; ihre Zukunft ist an ein
Gelingen des Friedensprozesses gekoppelt. Aber: Es gibt Kirchenvertreter, die weißen
darauf hin, dass die Friedensprozesse, die bis jetzt erfolgreich angekurbelt wurden,
immer von rechten Regierungen ausgegangen sind. Das hängt damit zusammen, dass Regierungen,
die eher gegen den Friedensprozess eingestellt sind, mehr Druck von Außen bekommen,
vor allem aus Amerika.“
Viel hänge damit von US-Präsident Barack Obama
ab, und ob er auf eine Regierung unter Netanjahu Druck ausübe.
„Wenn er
das tut, dann kann es sein, dass ein Netanjahu im Friedensprozess mehr erreichen würde,
als eine Livni. Wenn die eher gemäßigten Parteien an der Regierung sind, kriegen sie
immer aus dem rechten Lager im eigenen Land Probleme. Wenn aber die Rechten selbst
dazu genötigt werden, den Friedensprozess weiter zu treiben, dann kann es sein, dass
das gelingt, weil die weiter links liegenden Parteien sich nicht dagegen stellen werden.“ Bei
der Parlamentswahl am 10. Februar war Livnis in der rechten Mitte angesiedelte Kadima-Partei
mit 28 Mandaten knapp die stärkste Kraft in der Knesset geworden, die Likud-Partei
kam auf 27 Sitze. Gemäß der Verfassung muss Staatschef Peres den Auftrag zur Regierungsbildung
nicht automatisch dem Chef der Partei mit den meisten Mandaten zuteilen, sondern kann
den Kandidaten mit den besten Aussichten auf eine Mehrheit bevorzugen. (rv/afp
20.02.2009 bp)