Flüchtlinge aus Kriegs-
und Konfliktgebieten haben künftig eine höhere Chance auf eine befristete Aufnahme
in der EU. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Demnach müssen die Flüchtlinge
nicht in jedem Fall nachweisen, dass sie in ihrer Heimat persönlich bedroht werden.
Die Flüchtlingshilfeorganisation „Pro Asyl“ begrüßt das Urteil. Im Kölner Domradio
erklärte Karl Kopp, der Europareferent von „Pro Asyl“: „Wir haben einen
kleinen Paradigmenwechsel durch dieses Urteil, dass nämlich künftig Bürgerkriegsflüchtlinge,
Opfer genereller oder willkürlicher Gewalt, auch in den Schutzbereich dieses so genannten
ergänzenden Schutzes fallen. Der Europäische Gerichtshof sagt klar: Diese Bürgerkriegsflüchtlinge
sind zu schützen - es geht nicht darum, ob sie persönlich einer gezielten Verfolgung
ausgesetzt sind, sondern es geht um das Ausmaß der Gewalt im Bürgerkrieg in ihrer
Heimatregion.“ In Deutschland könnten vor allem bisher bloß geduldete Asylanten
aus Afghanistan und dem Irak von diesem Urteil vielleicht profitieren, meint Kopp.
Das wären insgesamt knapp 10.000 Flüchtlinge. Der Spruch hat auch Auswirkungen für
die Zukunft. „Denken Sie, es kommen Flüchtlinge aus dem Ostkongo oder aus einem
anderen Bürgerkriegsgebiet: dass die nicht mehr einfach in die Binsen fallen, in die
Schutzlosigkeit, sondern die Chance auf einen Status haben. Das hat auch Auswirkungen
etwa auf die Situation in Schweden. Schweden schiebt momentan irakische Flüchtlinge
in den Zentralirak ab. Auch diese Flüchtlinge können jetzt hoffen! Oder Flüchtlinge
in Griechenland - Afghanen, Iraker, die dort null Prozent Anerkennungsquote haben.
Sie können mit diesem Urteil neue Hoffnung schöpfen, dass nämlich auch diese Länder
gezwungen sind, ihre falsche Asylpraxis zu beenden.“ Die Richter des Europäischen
Gerichtshofs in Luxemburg entschieden für eine großzügige Auslegung der Regeln über
den sogenannten subsidiären Schutz. Nun könne auch der „Grad willkürlicher Gewalt“
im Herkunftsland als Indikator für Gefahr gelten, so das Urteil. Das System des subsidiären
Schutzes wurde für Menschen eingerichtet, die die Voraussetzungen für reguläres politisches
Asyl nicht erfüllen. Er wird gewährt, wenn der Flüchtling nicht in seine Heimat zurückkehren
kann, weil ihm dort Menschenrechtsverletzungen drohen.