2009-02-14 16:14:24

Bernhard Vogel im Vatikan: „Hoffe, dass man aus Schaden klug wird“


RealAudioMP3 Der langjährige CDU-Ministerpräsident Bernhard Vogel ist in diesen Tagen zu Gesprächen in Rom. Dabei hat der engagierte Katholik, der die „Konrad-Adenauer-Stiftung“ leitet, auch mehrere Vatikan-Kardinäle getroffen. Gegenüber Radio Vatikan bestätigte Vogel, dass er im Vatikan u.a. den „Scherbenhaufen“ angesprochen habe, zu dem der Williamson-Skandal in Deutschland geführt hat. Unter anderem hatte Bernhard Vogel sich mit Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ausgetauscht.

„Mein Gespräch mit dem Herrn Kardinalstaatssekretär behandelte über weite Strecken andere Themen der Politik und des Vatikans; ganz am Schluß habe ich in der Tat eine Bemerkung zu dem Scherbenhaufen gemacht – weil ich das schlichtweg nicht verschweigen wollte. Denn in Deutschland sind eben Scherben entstanden, und jeder Gutwillige kann nur wünschen, dass sie wieder gekittet werden.“

Vogel fand den vatikanischen Regierungschef zwar über Details der italienischen Politik überraschend gut informiert. Doch ist er sich nicht ganz sicher, inwieweit die Debatte in Deutschland in all ihrer Schärfe auch in Bertones Blick geraten ist.

„Ausgesprochen wurde das relativ wenig; aber ich habe schon den Eindruck, dass man gemerkt hat, dass da Tassen aus dem Schrank gefallen sind.“

Dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den Papst öffentlich um eine Klarstellung in der Affäre Williamson gebeten hat, erklärt Vogel aus Merkels Biographie heraus.
„Frau Merkel ist zumal als ostdeutsche Politikerin in einer eindeutigen Klarheit allen Versuchen, auch nur von ferne den Holocaust zu relativieren, entgegengetreten – in ihrer ganzen politischen Karriere. Ich glaube, sie hat keinerlei Zweifel an der klaren Position des Heiligen Vaters; aber sie hat sich schon dagegen zu Wort gemeldet, dass man Vertreter dieser obskuren Ansicht, es habe den Holocaust nicht gegeben, gut behandelt.“ 
Dass einige Katholiken sich von Merkels Wortmeldung düpiert fühlen, kann Vogel nachvollziehen. Er selber fragt sich, ob es nicht auch ein möglicher Weg gewesen wäre, den Berliner Nuntius zu einem Gespräch ins Kanzleramt einzubestellen. Aber:
„Aus der Geschichte heraus ist es sehr verständlich, dass es in Deutschland viele Katholiken gibt, die auf den Heiligen Vater nichts kommen lassen und die sich – gleich, aus welchem Grund – gegen Kritik am Heiligen Vater wenden. Das hat sich auch hier wieder gezeigt. Aber ich möchte ausdrücklich sagen: Bei Licht besehen geht es nicht um eine Kritik am Papst, sondern um eine Kritik an denen, die nicht nachdrücklich vor den negativen Folgen der Aufhebung der Exkommunikation eines Weihbischofs gewarnt haben.“ 
Überraschend ist es für Bernhard Vogel, dass er bei seinen Gesprächspartnern im Vatikan keine Hinweise auf eine mögliche Deutschlandreise des Papstes gefunden hat. Nach Medienangaben ist eine solche Visite immerhin für den Herbst 2010 im Gespräch.
„Selbstverständlich würde ich mich freuen, wenn der Heilige Vater Deutschland wieder besuchte – zumal ja die beiden ersten Besuche keinen spezifischen Deutschland-Bezug hatten, sondern wegen des Weltjugendtages und wegen des Besuches in seiner engeren Heimat stattgefunden haben. Meines Erachtens wäre es sehr begrüßenswert, wenn der Heilige Vater bei seinem nächsten Besuch selbstverständlich in die deutsche Bundeshauptstadt käme, wie das ja in anderen Ländern auch häufig Gepflogenheit ist. Aber darüberhinaus würde ich mich freuen, wenn er den ostdeutschen Katholiken, die es in den letzten sechzig Jahren schwerer hatten als die westdeutschen, einen Besuch machte.“ 
Aus Vogels Sicht bietet sich da vor allem das Eichsfeld an, „wo besondere Treue und Verbundenheit mit der katholischen Kirche Tradition hat“.
„... aber wegen der Ökumene gegenüber der evangelischen Kirche natürlich auch ein Platz wie Erfurt, der sehr eng mit Luther verbunden ist, oder die Wartburg, wo immerhin das Neue Testament von Luther ins Deutsche übersetzt worden ist.“ 
Vogel, früherer Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, hatte nach der Wiedervereinigung das gleiche Amt im mitteldeutschen Thüringen inne. Dass die Affäre Williamson Auswirkungen auf einen möglichen Papstbesuch haben könnte, glaubt er nicht.
„Ich hoffe aber vor allem, dass man aus Schaden klug wird. Jedes Ärgernis kann auch dazu dienen, ein bißchen nachzudenken, in Zukunft noch sorgsamer aufzupassen und keinen Anlaß zu bieten, dass erneut Porzellan zu Bruch geht!“  
Vogel wurde 1932 in Göttingen geboren. Er war von 1976 bis 1988 Ministerpräsident in Mainz und von 1992 bis 2003 Ministerpräsident in Erfurt. Keinem anderen Politiker gelang wie ihm der ost-westdeutsche Spagat. Sein Bruder ist der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel.

(rv 14.02.2009 sk)







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