2009-02-10 17:35:30

Somalia: Lob für den neuen Präsidenten


RealAudioMP3 Seit Ende Januar hat Somalia einen neuen Präsidenten: Sheik Scharif Sheik Ahmed ist Vorsitzender der Allianz zur Wiederbefreiung Somalias und seit rund einer Woche neuer Staatschef des Landes. Noch vor zwei Jahren hatten äthiopische Truppen den gemäßigten Islamistenführer ins Exil geschickt. Jetzt wird er international als „Obama Somalias“ und Hoffnungsträger für einen neuen Frieden am Horn von Afrika gefeiert. Er wolle Somalia wieder versöhnen, sagte er bei seiner Vereidigung am 31. Januar. Doch das wird keine leichte Aufgabe. Das Land ist zersplitert vom Bürgerkrieg und weite Teile sind in der Kontrolle radikalislamistischer Milizen, die einen Friedensprozess bisher ablehnten. Ein Beitrag von Antje Dechert:

18 Jahre herrschte Bürgerkrieg in Somalia. Seit dem Sturz des ehemaligen Diktators Siad Barre 1991 hatte das Land keine funktionierende Regierung mehr. Rivalisierende Clans kämpften um die Macht. Das soll jetzt ein Ende haben. Somalias neu gewählter Präsident, Scheich Scharif Achmed, hat angekündigt, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Auch Experten geben dem studierten Geografielehrer, Ahmed, eine Chance, die Somalier wieder zusammenzuführen. Darunter ist auch Helmut Hess, Somalia-Experte und langjähriger Mitarbeiter bei „Brot für die Welt“. Was konkret macht den neuen Präsidenten zum Hoffnungsträger? Dazu Hess im Kölner Domradio:

Es gibt verschiedene Richtungen im Islam und er gehört eindeutig zu den moderaten Suffi-Muslimen, im Gegensatz zu den Schabaab, die sehr stark von den Wahabiten beeinflusst sind. Ihm wird als Stärke angerechnet, dass er sehr moderat ist und verhandeln kann, allerdings aber auch eindeutige Positionen bezieht, nämlich auf der Basis von Scharia-Gestzgebung. 
Als Anführer der islamischen Scharia-Bewegung, die zwischen Mitte und Ende 2006 die Macht in der Hauptstadt Mogadischu und im Süden Somalias eingenommen hatte, konnte Scheich Ahmed schon einmal für so etwas wie Stabilität im Land sorgen. Viele Somalier haben ihn daher in guter Erinnerung. Doch 2006 marschierten äthiopische Truppen in Somalia ein, unterstützt von der internationalen Gemeinschaft, die einen Aufstand der Islamisten fürchtete. Scheich Ahmed wurde für zwei Jahre ins Exil geschickt – eine verpatzte Chance für die Einheit des Landes, findet Helmut Hess:

Für mich ist das ein typischer Fall von „missed opportunities“, also versäumten Möglichkeiten. Es wäre möglich gewesen, mit diesem Menschen vor zweieinhalb Jahren zu verhandeln. Damals waren weder die Übergangsregierung, noch die Äthiopier noch die USA bereit, ihn als Gesprächspartner zu akzeptieren. Heute wären sie froh, wenn er wieder eine Machtbasis etablieren könnte. Weil es wohl die einzige Person ist, die in der Lage sein kann, Somalia wieder zu vereinigen. Es war eindeutig falsch, die Verhandlungen zu unterlassen und dafür die „Islamic courts“ zu zerschlagen.  
Das Ergebnis: Das Land ist heute zersplitterter als je zuvor...

...in verschiedene Clans und Warlords, die jeweils unterstützende Gruppen hinter sich gescharrt haben. Und dann, was ich ganz wichtig finde, hat die Intervention von USA und Äthiopien ganz sicher nicht zur Harmonisierung beigetragen. Die Zerissenheit hat zugenommen.

In dieser Situation ist es für den neuen Präsidenten nicht leicht, Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien in Gang zu bringen, meint Hess. Ahmed sei zwar von der breiten Bevölkerung akzeptiert. Doch die radikalislamischen Schabaab-Milizen haben bereits ihren Widerstand angekündigt. Um alle Fraktionen an einen Tisch zu bringen müsse Ahmed vor allem eins zeigen:

Bereitschaft, mit allen zu verhandeln und zwar auf gleicher Augenhöhe. Er muss auch die Radikalen in die Diskussion einbeziehen. Andernfalls hat er keine Chancen sich zu stabilisieren. Es gibt zwei Gruppen, die Mehrheit, die eindeutig das Ganze positiv bewertet, aber es gibt auch die andere Gruppe, die Widerstand angekündigt hat. Ich hoffe, es wird gelingen zu verhandeln.  
Die erste Bewährungsprobe für den neuen Präsidenten, Scheich Ahmed, steht schon fest: Er muss in diesen Wochen eine Regierung benennen. Dabei darf er sich weder neue Feinde im eigenen Land machen noch die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft enttäuschen. Die Versöhnung des Landes bleibt somit ein schwieriger Balanceakt.

(rv 09.02.2009 ad)







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