Protestanten sollten den jüngsten Streit in der römisch-katholischen Kirche nicht
mit Schadenfreude verfolgen. Diese Ansicht vertritt der württembergische Landesbischof
Frank Otfried July. Er reagierte damit auf die öffentliche Kritik an der Entscheidung
von Papst Benedikt XVI., die Exkommunikation von vier Bischöfen der traditionalistischen
Priesterbruderschaft St. Pius X. aufzuheben. Er halte die Entscheidung des Papstes
für falsch und „in gewisser Weise für anti-ökumenisch“. Aber von evangelischer Seite
solle man den Kritikern nicht vorschnell Beifall klatschen, sagte July bei der Mitgliederversammlung
des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften)
in Schwäbisch Gmünd. Es sei jedoch schmerzlich, wenn in der öffentlichen Debatte beim
Wort „Kirche“ nur noch an interne Auseinandersetzungen gedacht werde. Angesichts von
Austritten aus der katholischen Kirche aufgrund der Papstentscheidung bedauerte July,
dass auch die Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche zunehmend fast wie eine Vereinsmitgliedschaft
angesehen werde. Bei Nichtgefallen des Angebots gehe man in einen anderen Verein.
Auch Landeskirchliche Gemeinschaften seien inzwischen von einer solchen Haltung betroffen.
July zufolge hat es bei der württembergischen Landeskirche erste Anfragen von Katholiken
gegeben, die aufgrund der Papstentscheidung evangelisch werden wollen. Wie er dazu
gegenüber der Nachrichtenagentur „Idea“ sagte, wolle die Landeskirche nicht „Gewinnler“
einer innerkatholischen Auseinandersetzung sein. Gerade in Baden-Württemberg bestehe
ein gutes ökumenisches Klima. Allerdings respektiere man eine persönliche Gewissensentscheidung
bei Anfragen zu einem Konfessionswechsel.