Zur aktuellen kirchenrechtlichen Position der vier Bischöfe der Piusbruderschaft
Am 24. Januar 2009, in der Internationalen Gebetswoche für die Einheit der Christen,
hat Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation von vier Bischöfen der Piusbruderschaft
aufgehoben. Diese hatten sich die Strafe der Exkommunikation zugezogen, weil sie ohne
päpstliches Mandat von Erzbischof Marcel Lefebvre im Juni 1988 zu Bischöfen geweiht
worden sind. Die unerlaubte Weihe war ein schismatischer Akt. Die Rücknahme der Exkommunikation
der vier Bischöfe bedeutet, dass sie wieder in die Kirche aufgenommen sind. Nicht
mehr und nicht weniger. Das mehr als zwanzigjährige Schisma ist mit dem Aufhebungsdekret
vom 24. Januar 2009 definitiv beendet.
Da die vier Bischöfe jedoch noch suspendiert
sind - ich gehe davon aus, dass die Suspension entweder erklärt oder, wenn sie von
Rechts wegen eingetreten ist, im nachhinein von der kirchlichen Obrigkeit festgestellt
worden ist - dürfen sie alle oder einige Akte der Weihegewalt (Spendung von Sakramenten
und Sakramentalien) nicht ausüben, solange die Suspenion fortdauert. Zudem verfügen
sie nicht über Leitungsgewalt in der Kirche, da ihnen noch kein kirchliches Amt übertragen
worden ist. Darum können sie z.B. nicht gültig einem Priester Beichtvollmacht erteilen
oder ein kirchliches Amt übertragen. Nur in einem Sterbefall und im Falle eines allgemeinen
Irrtums oder eines begründeten Zweifels bei den Gläubigen über ihre fehlende Leitungsgewalt
spenden die vier Bischöfe das Sakrament der Beichte und der Firmung gültig, sonst
nicht.
Was die gegenwärtigen Rechte der vier Bischöfe (und der Priester) der
Piusbruderschaft angeht, so dürfen sie Sakramente und Sakramentalien empfangen. Sie
dürfen allerdings Sakramente und Sakramentalien nicht spenden, ausgenommen wenn ein
Gläubiger in Sterbegefahr ist. In diesem Falle würden sie gültig und erlaubt die Absolution
erteilen sowie erlaubt die Krankensalbung bzw. das Sakrament der Wegzehrung (Viaticum)
spenden.
Wenngleich die Exkommunikation nun kirchenrechtlich aufgehoben ist,
muss die volle Integration der Bischöfe und der Piusbruderschaft in das kirchliche
Leben noch folgen. Dazu werden Gespräche geführt mit den zuständigen Behörden der
Römischen Kurie. Diese Gespräche werden sich einerseits auf Fragen der kirchenrechtlichen
Struktur der Piusbruderschaft und der zukünftigen Ämter der Bischöfe und Priester
konzentrieren, andererseits aber vor allem theologische Themen behandeln müssen, die
Bezug haben auf die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils, namentlich über die
Liturgie, die Religionsfreiheit, den Ökumene und das Verhältnis der Kirche zu anderen
Religionen. Auch das Verständnis von Tradition bedarf theologischer Klärung. Die
volle "Rehabilitierung" der vier Bischöfe der Piusbruderschaft ist erfolgt, wenn die
Bischöfe das Zweite Vatikanische Konzil bejahen, das Apostolat der Piusbruderschaft
innerhalb der Sendung der Kirche in der Welt von heute definiert, die davon auch abhängige
kirchenrechtliche Struktur der Piusbruderschaft geklärt und schließlich die Suspension
der Bischöfe und Priester aufgehoben ist. Bei Bischof Williamson wäre eine zusätzliche
Bedingung für dessen volle Rehabilitierung die unzweideutige Zurücknahme der Holocaust-Leugnung.
Ohne diese Zurücknahme kann er mit keiner Amtsübertragung seitens des Papstes rechnen.