2009-02-02 17:48:23

D: Maier, „Einheit um einen hohen Preis“


RealAudioMP3 Der Vatikan hätte vor der Aufhebung der Exkommunikation der Lefebvre-Bischöfe die nationalen Bischofskonferenzen einbeziehen müssen. Das sagte der Religionsphilosoph und frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Maier, an diesem Montag gegenüber Radio Vatikan. Die derzeitige Krise hätte vermieden werden können, wären mehr Menschen an der Entscheidung beteiligt gewesen, so Maier im Gespräch mit Birgit Pottler.

„Es ist ein unverzeihlicher Fehler, auch ein politisch handwerklicher Fehler, dass man diejenigen Bischofskonferenzen, wo die meisten Leute der Bruderschaft leben, also die schweizerisch, deutsche und französische nicht vorher unterrichtet wurde; daher auch die Hilflosigkeit in den Äußerungen der Bischöfe, daher auch das Stimmengewirr, das aus Rom kam. Auch Kardinal Walter Kasper hat ja deutlich diese Holocaust-Leugnung kritisiert und verurteilt, auch der Papst hat das klar gestellt. Aber wenn das so ist, warum hat man nicht früher eine breitere Einigung, einen Konsens über diese Fragen herbeigeführt? Eine so wichtige und entscheidende Frage muss in einem größeren Kreis behandelt werden.“

Wer sollte zu so einem größeren Kreis gehören, welche Berater braucht Ihrer Ansicht nach der Papst?

„Ich habe ja seit Jahren vorgeschlagen, dass im Vatikan wie in allen Hauptstädten der Welt ein Kabinett, eine Regierung, installiert sein müsste. Zu dieser Regierung müssen natürlich alle Präfekten der Dikasterien gehören und alle Präsidenten der Räte. Die müssen vereinigt sein, und wie ein weltliches Kabinett jede Woche wichtige Dinge erörtert und eine gemeinsame Meinung bildet, die dann für alle verbindlich ist, so müsste es auch in Rom sein. Dann wäre die Krise jetzt im Augenblick dann leichter auszuhalten, weil dann viele erklärend und erläuternd in die Presche springen. So entsteht im Augenblick der Eindruck, niemand weiß so genau, wie das gelaufen ist.“

Ist das die eigentliche Krise - dass der Eindruck entstanden ist, im Vatikan laufen gewisse Entscheidungen nicht konzertiert? Wie würden Sie die langfristigen, bzw. längerfristigen Folgen der derzeitigen Situation beschreiben?

„Ich würde meinen, diese Kommunikationskrise verstärkt die allgemeine Krise, die bei dem Versuch entstanden ist, die Piusbruderschaft wieder in den Schoß der Kirche zurückzuholen. Wenn man so etwas unternimmt - und ich kann ja verstehen, dass die Einheit der Kirche für den Papst ein wichtiges Gut ist, er ist ja der Hüter dieser Einheit -, dann muss man aber von vornherein die strittigen Fragen klären. Ich entdecke mit einem gewissen Unbehagen, sogar manchmal mit Schrecken, dass Benedikt XVI. bei seinem bisherigen Vorgehen dem Zeitplan und dem vorgeschlagenen Vorgehen der Bruderschaft folgt. Ich zitiere aus einem Papier aus Zeizkofen (,Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils’ von 2008); da heißt es: ,Wir erbitten als Vorleistung von Rom die öffentliche Rehabilitierung der überlieferten Heiligen Messe.’ Das ist durch das Motu Proprio einigermaßen erfüllt worden. ,Darüberhinaus erbitten wir die Zurücknahme des Exkommunikationsdekrets’ – inzwischen auch erfolgt. Drittens wollen sie über die großen Linien bezüglich der Neuausrichtung der Kirche ,mit den römischen Behörden oder eigens dazu ernannten Theologen offen debattieren’. Im Dekret der Kongregation für die Bischöfe steht jetzt tatsächlich, die Bruderschaft solle keine Mühen scheuen, um die Gespräche mit dem Heiligen Stuhl in den noch offenen Fragen zu vertiefen. Man hat wirklich den Eindruck, sie haben das Vorgehen einer möglichen Wiederversöhnung gewissermaßen ultimativ formuliert, und der Papst hat jetzt schon die Punkte eins und zwei erfüllt. Wie soll das mit dem dritten Punkt weitergehen? Wie kann eine in der Gesamtkirche relativ kleine und isolierte Gruppe dem Papst Bedingungen stellen, unter welchen Umständen sie bereit sind, in die Kirche zurückzukehren?“

Der Papst wollte die Einheit vorantreiben. Doch es mehren sich Schlagzeilen der Art , Katholiken entfernen sich vom Vatikan’. Könnte man es so formulieren, dass um die Einheit zu erreichen, seitens des Vatikans Schritte in die andere Richtung der katholischen Bandbreite fehlen, nicht nur zu den Traditionalisten?

„Man muss, wenn man in einer Situation der Entfremdung Einheit erreichen will, immer auch den Preis bedenken. Der Preis hinsichtlich der Traditionalisten, also Aufnahme eines offenkundigen bekennenden Holocaust-Leugners, erscheint mir auf jeden Fall zu hoch. Auf der anderen Seite, wenn Sie wollen, bei den mehr an der Zukunft orientierten Kräften, den Liberalen, den Progressiven oder wie man sie nennen will, da gibt es ja kein Schisma, da gibt es höchstens Unbehagen. In dieser Hinsicht einen Schritt zu tun würde also ganz sicher viel größere Kreise erreichen. Durch die drei Punkte im Plan der Piusbruderschaft, von denen nun zwei erfüllt sind, entsteht der Eindruck, man versucht nur nach Rechts – wenn ich abkürzend so sprechen darf – die Front zu bereinigen. Aber wenn das dazu führt, dass viele sich abwenden - es gibt ja Aussagen von Theologen und Bischöfen, die sehr kritisch sind -, dann kümmert einen das weniger. Dieser Eindruck ist verheerend und dem muss der Papst entgegentreten.“

(rv 02.02.2009 bp)









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