Der Vatikan hat sich
erfreut über die Wahl von Metropolit Kyrill zum neuen Patriarchen der russisch-orthodoxen
Kirche gezeigt. „Wir sind froh, einen Patriarchen zu haben, mit dem wir seit vielen
Jahren brüderliche Beziehungen unterhalten“, heißt es in einer Erklärung des für Ökumenefragen
zuständigen vatikanischen Einheitsrates vom Mittwoch. Man hoffe, „den gemeinsamen
Weg der Wiedervereinigung, den wir begonnen haben, fortzusetzen“. Der Vatikan biete
stets seine Zusammenarbeit auf sozialer und kultureller Ebene und für die Festigung
christlicher Werte an, doch der Dialog ziele immer „auf die Einheit aller Christen“,
sagte vatikanische Ökumeneminister Kardinal Walter Kasper an diesem Mittwoch gegenüber
Radio Vatikan.
Birgit Pottler hat mit ihm gesprochen:
Die russisch-orthodoxe
Kirche hat einen neuen Patriarchen. Es war die erste Wahl nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion. Kann man von einer Wende im doppelten Sinn sprechen? Einerseits für die
russische Orthodoxie anderseits für das Verhältnis zwischen katholischer und russisch-orthodoxer
Kirche? Kyrill ist ja kein unbekannter.
„Zunächst möchte ich sagen, dass
wir uns über die Wahl des bisherigen Metropoliten Kyrill zum Patriarchen der russisch-orthodoxen
Kirche freuen. Wir gratulieren ihm, wir gratulieren der russisch-orthodoxen Kirche.
Wir beten für ihn, dass Gott ihn in seinem Amt segnen möge und dass er all die Gaben
hat, die notwendig sind, eine so große und traditionsreiche, aber auch eine Kirche
in schwieriger Situation zu führen. Wir sind bereit, mit ihm zusammenzuarbeiten und
schauen voraus auf eine gute Zusammenarbeit. Persönlich kenne ich ihn seit vielen
Jahren, ich habe schon sehr viele Gespräche mit ihm geführt.
Er ist ein Mann
von klaren und festen Positionen. Das ist nicht immer leicht, diese Positionen muss
man respektieren. Aber er ist auch ein Mann, mit dem man Dialog haben kann und der
auf Argumente eingeht. So wollen wir mit ihm weiter arbeiten, in sozialen und kulturellen
Fragen, für die Festigung der christlichen Werte in Europa und Russland selbst. Wir
wollen natürlich auch darauf aufmerksam machen, der ökumenische Dialog ist nicht nur
kulturelle und soziale Zusammenarbeit, sondern zielt auf die Einheit aller Christen
im Glauben, in den Sakramenten und im kirchlichen Amt hin. Diesen Dialog führen wir
im Zusammenhang des internationalen Dialogs mit allen orthodoxen Kirchen, und es ist
unser dringlicher Wunsch, dass die russisch-orthodoxe Kirche bald wieder an den Tisch
des Dialogs zurückkehren kann. Ich selbst habe versucht, auf beiden Seiten einiges
dafür zu tun.
Sie sprechen von einer neuen Phase; sicher ist es ein Einschnitt,
eine neue Phase zunächst für die russisch-orthodoxe Kirche selbst. Der verstorbene
Patriarch Alexij II. hat große Verdienste für eine wirkliche Wiedergeburt der russisch-orthodoxen
Kirche nach einer schlimmen Zeit der Unterdrückung und Verfolgung. Aber er hat selbst
gesagt: ,Es genügt nicht, die Mauern der Kirche zu restaurieren, es bedarf einer geistlichen
Erneuerung.’ Davon hat der jetzt neu gewählte Patriarch ja auch sofort gesprochen.
Ich denke, das ist eine neue Phase für die russisch-orthodoxe Kirche. Wenn sie es
wünschen, werden wir ihnen dabei von unseren Erfahrungen her behilflich sein.
Wenn
so eine neue Phase, die mit einem Wechsel im Amt im Grunde ja immer notwendig verbunden
ist, in der russisch-orthodoxen Kirche jetzt Raum greift – das geht nicht von heute
auf morgen, sondern braucht Zeit -, dann ist das sicherlich auch eine neue Phase des
Dialogs zwischen der katholischen Kirche und der russisch-orthodoxen Kirche; ein Dialog,
den wir von ganzem Herzen zu fördern wünschen.“
Ist eine Begegnung zwischen
dem jetzigen Patriarchen Kyrill und Papst Benedikt XVI. in greifbarer Nähe, oder muss
der Dialog noch weiter voranschreiten? „Der neue Patriarch hat
Papst Benedikt ja bereits dreimal getroffen, unmittelbar nach seiner Wahl, dann im
Jahr 2006 und 2007. Sie kennen sich also bereits, und eine solche Begegnung ist sicher
am Horizont. Wir wünschen eine solche Begegnung und meinen, dass es ein Zeichen für
beide Kirchen und für die Welt wäre. Doch wir respektieren auch die Argumente der
anderen Seite, so dass im Augenblick niemand von uns drängt. Der neue Patriarch braucht
eine gewisse Zeit, um in der eigenen Kirche die Dinge in den Griff zu bekommen, muss
zuerst sicherlich alle anderen orthodoxen Patriarchen besuchen, und dann hoffen wir,
dass in einiger Zeit eine solche Begegnung möglich sein wird.“