Israels Botschafter
beim Heiligen Stuhl hat Papst Benedikts Neujahrsansprache an die Diplomaten als „sehr
ausgewogen“ gewürdigt. Mit seinen Appellen zur „zugegeben heiklen Situation“ im Gazastreifen
sei es dem Papst geglückt, weniger ausgewogene Meinungen an der Kurie auszubalancieren,
sagte Botschafter Mordechai Lewy im Gespräch mit uns.
„Damit hat der Papst,
glaube ich, vieles erreicht. Erstens hat er hinsichtlich des Waffenstillstandes und
der humanitären Krise Dinge gesagt, denen alle beipflichten können - schon das ist
ein Erfolg. Zweitens denke ich - und das ist die etwas weniger im Vordergrund liegende
Einsicht, aber zumindest meine Einsicht -, dass er damit auch viele Kräfte in der
Kurie auch gebändigt hat. Das heißt: Das ist die Linie, eine ausgewogene Linie, und
bitte keine Schelte für Israel oder die andere Seite, auch wenn es Gründe gäbe – aber
das ist nicht unsere Linie. Damit hat man eine krisensichere Einsicht vorgelegt, und
diese Vorlage ist, glaube ich, hilfreich.“ Lewy bejahte die Frage, ob es
Momente gebe, in denen sich Israel im Vatikan nicht genug verstanden fühle.
„Das
gibt es – bei verschiedenen Themen übrigens. Gaza ist nicht das einzige Thema, bei
dem das passieren kann. Aber die innere Logik, die diese Rede beinhaltet - die würde
ich gerne auch meinen Landsleuten erklären. Ich glaube, wenn man mehr Innenkenntnis
der Kurie hat, würde man das zu schätzen lernen.“ Israel steht vor wichtigen
Wahlen, und auch die Palästinenser werden möglicherweise demnächst an die Wahlurnen
schreiten. Papst Benedikt hat in seiner Neujahrsansprache vom Donnerstag letzter Woche
den Wunsch geäußert, dass auf beiden Seiten politische Führer erstehen mögen, die
einen Friedensschluss zustande bringen. Botschafter Lewys Anmerkung dazu:
„Ich
hatte das nicht als politische Aussage verstanden, sondern als eine Vorlage der Normengebung:
Ethische und moralische Qualifikationen sollten mitgebracht werden, um dieses und
anderes machen zu können. Da der Vatikan und die Person des Heiligen Vaters selbst
sicher nicht in diesen politischen Prozessen im Nahen Osten involviert ist - und auch
gar nicht gedenkt, involviert zu sein -, sehe ich diesen Passus auf einer Ebene des
Geistlich-Moralischen, aber nicht auf der tagespolitischen Ebene.“ (rv
12.01.2009 sk/gs)